Seit einem guten Jahr beobachte ich nun das Feld „Social Media und Kirche“. Und mein Eindruck ist nach wie vor: Wenn da etwas wächst, dann wächst es sehr langsam. Das gilt aber nicht nur für die Kirche allgemein, sondern auch für mich persönlich. Das ist mir noch einmal aufgefallen beim Get-together in der letzten Woche im Forum Hafencity zum Thema „Social Media – best practice“, das von den beiden Hamburger Kirchenkreisen veranstaltet wurde. Thomas Hoffmann berichtete, wie sie in der Bergedorfer Petri-und-Pauli-Kirche Facebook nutzen, Anne Rütten twittert für die Diakonie, Inga Schwerdtfeger zeigte Instagram-Bilder der letzten Jugendskifreizeit und der Einsegnung Ehrenamtlicher, und ich durfte über diesen Blog berichten.

Mit Anne Rütten, Inga Schwerdtfeger und Thomas Hoffmann
Ich bin mit unterschiedlichen Gefühlen und Erkenntnissen aus dieser Veranstaltung gekommen. Ein wenig überraschend finde ich schon, wie fremd mir manche Formate auch nach einem Jahr noch geblieben sind. Gut, der Blog ist mein Ding, keine Frage.
Aber schon zu Facebook finde ich keinen richtigen Zugang. Ich verlinke dort immer mal wieder meine Blogartikel und merke, wie dann die Zugriffszahlen steigen. Aber ich kommuniziere dort nicht unmittelbar. Erstens geht mir das alles zu schnell, zweitens lese ich dort einen Haufen Zeugs, der mich nicht sehr interessiert, und drittens habe ich keine Lust, mit Mark Zuckerberg meine persönlichsten Interessen zu teilen. In der Gemeinde wird Facebook allerdings offenbar vor allem genutzt, um die Reichweite der eigenen Öffentlichkeitsarbeit zu erhöhen – so wie ich es mit meinem Blog mache. Das macht Sinn – vor allem aber dann, wenn ein solches Format auch gepflegt wird. Und dafür fehlt in vielen Gemeinden schlicht das Personal.
Auf Twitter hat mich Anne Rütten allerdings ein wenig neugierig gemacht. Sie zeigte, wie die Diakonie sich über dieses Medium mit anderen Institutionen vernetzt und sich in öffentliche Diskussionen einmischt. Gleichzeitig machte sie aber auch deutlich, wo Reibungspunkte entstehen: Da ist einmal wieder die Schnelligkeit. Um „offiziell“ für eine Institution wie die Diakonie sprechen zu können, müssen Menschen dafür autorisiert sein und sich ggf. mit anderen abstimmen. Ein weiterer Punkt ist die Sprache: Sicher kann man mit 280 Zeichen einen Standpunkt deutlich machen. Um aber gehört zu werden, wird bei Twitter offenbar eher überspitzt und manchmal die Grenze zur Respektlosigkeit überschritten. Es scheint im Team z.B. durchaus verschiedene Meinungen darüber gegeben zu haben, ob man den Gesundheitsminister als „Spahn-Ferkel“ bezeichnen darf, wenn man seine Meinung ablehnt. Ich habe dazu übrigens eine eher konservative Ansicht. Insgesamt scheint Twitter aber eine Plattform zu sein, der ich mich annähern könnte.
Instagram dagegen ist mir ziemlich fremd. Mit Facebook kommt man bei den Jugendlichen nicht mehr weit, machte Inga Schwerdtfeger deutlich. Sie teilen nun ihre Fotos bei Instagram, das übrigens auch, wie WhatsApp, Mark Zuckerberg gehört. Man kann zwar auch Kurztexte hinzufügen, aber die Bilder stehen eindeutig im Zentrum. Wir sahen eine Jugendgruppe auf Skifreizeit – und ein Kurzvideo, das einen von ihnen bei einem der offensichtlich ersten Versuche zeigte, einen Hügel hinunterzufahren. Wir sahen Jugendliche bei ihrer Einsegnung zu Teamern und Bilder von Jugendlichen, die ein Praktikum in Peru machten. Ich fühlte mich dabei an die Diaabende in den Siebzigerjahren erinnert, an jede Menge Bilder von weitläufigen Verwandten und aus dem Urlaub auf Mallorca oder von der Ostsee. Aber vielleicht erschließt sich mir ja irgendwann auch die Faszination von Instagram.
So wie Facebook, Twitter und Instagram vorgestellt wurden, werden sie in der Kirche vor allem als Medien für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt: Die Arbeit, die in Gemeinden und Einrichtungen getan wird, wird bekannt gemacht, vernetzt, vermittelt. Man kann diese Dienste auch anders nutzen, als Plattformen für den Austausch in einer eigenen Gemeinschaft. Als Ort, an dem #digitalekirche stattfindet.
Ein solcher Ort ist dieser Blog. Sicher gehören zu den Followern viele Menschen, die sich hier in und um Niendorf auch im analogen Leben kennen. Die meisten aber kommen aus ganz Deutschland, aus der Schweiz und aus Österreich. Das liegt natürlich auch an den Inhalten: Ich vertrete keine Gemeinde. Ich vertrete meine Meinung. Meinen Vortrag begann ich am letzten Donnerstag mit einem Wort von Fulbert Steffensky: „Mission ist: Zeigen, wer man ist und was man liebt.“ Das könnte auch als Motto über diesem Blog stehen. Ich liebe es, Gedanken zu spinnen, zu erzählen. Von Gott und der Welt, sagt man dann gerne. Genauer: Von meiner Gotteserfahrung und Gotteserkenntnis und von meiner Welt. Und es fasziniert mich, dass ganz unterschiedliche Menschen das lesen wollen – durchaus nicht nur Best Ager aus dem kirchlichen Bereich. Hier bin ich dann ganz bei mir selbst.
Nach dem Get-together in der Hafencity bin ich mehr denn je überzeugt, dass Social Media ein wichtiges Thema für die Gemeinden ist.
Natürlich kommen spätestens an dieser Stelle die üblichen Fragen: Wer soll das denn noch machen? Und wann? Und bringt das wirklich etwas? Ja, es ist zusätzliche Arbeit. Und nein, wahrscheinlich wird, wenn überhaupt, der Gottesdienstbesuch nur unwesentlich steigen. Aber damit stellt sich ja auch die grundsätzliche Frage: Warum machen wir das Ganze überhaupt? „Zeigen, wer man ist und was man liebt.“ Das können wir auf ganz unterschiedlichen Wegen tun. Und wenn uns die Lust dazu abhanden kommen will – vielleicht müssen wir nur einmal einen neuen Kanal ausprobieren.
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Beitragsbild: Die Glocke des Ökumenischen Forums HafenCity; © By An-d – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49087890
Die Bilder von den Referenten: © Ute Thiesen
„Social Med“ und ich – das ist und bleibt ein Spannungsverhältnis, so es die Kumpane Facebook, Twitter, Instagram und Co. betrifft. Vielleicht gehöre ich bewusst zu den „Gestrigen“, ohne es zu bedauern oder diesen Status als „Verweigerer“ zu pflegen.
Gleichzeitig bin ich neugierig, aufgeschlossen und probiere auch neue Formen der Kommunikation und des „Kontaktes“ aus.
Ja, das Wort „Social Media“ klingt toll, strahlt etwas wie „Soziale Kompetenz“ und Verantwortung aus, scheint Kommunikation in der heutigen Welt noch offener, schneller und vielfältiger zu machen und damit auch neue, ungeahnte Chancen zu eröffnen. Vielleicht ist das an der ein oder anderen Stelle auch so. Aber was ist das „Soziale“ im Kern?
Ich habe „1000 Freunde“ und mehr und verdrahte oder vernetzte mich in der digitalen Welt immer weiter. Na prima! Was für ein Fortschritt, wo ich doch früher nur einen kleinen und beschränkten Kreis an Freunden hatte. Doch was sind das für „Freunde“ und welchen Wert haben diese „soziale Beziehungen“?
Nach wie vor überwiegen bei mir Sorge und Skepsis, selbst wenn ich an einigen Stellen den „Social Media“ durchaus auch etwas Positives abgewinnen kann. Wir hier nicht ein sozialer „Popanz“, ein neues soziales „Universum“ aufgebaut, hinter dem die reale Welt mit all ihren Widerssprüchlichkeiten und zunehmender Komplexität verschwindet? Eine Welt, die wir mit all unseren Sinnesorganen wie Sehen, Fühlen, Schmecken, Hören usw. „be-greifen“, erleben und genießen können?
Die Stille, den Lärm oder das freudige Vogelgezwitscher im Frühling, das mich sehr berührt: Die Paare suchen sich, bauen Nester, beginnen zu brüten und pflanzen sich fort, um den Lebenszyklus und die Welt wie Schöpfung zu erhalten. Auch das sind meine „Freunde“,
„Social Media“ ist für mich auch das „Tor“ in eine Scheinwelt der Oberflächlichkeit, Beliebigkeit, Verletzbarkeit und anderes mehr – auch wenn sich Kontakte erweitern und Kommunikation scheinbar wie auch wirklich einfacher, schneller und offener funktionieren kann. Interessant für mich ist, was mt unserem elementaren Handwerkszeug der Sprache geschieht, Sprache ist Mittel der Erkenntnis wie des Austausches. Sie kann uns durch das Beschreiben der Welt bereichern und zu guter Kommunikation verhelfen. Unterstellt, dass wir verantwortungsbewusst mit dieser umgehen,
Sprache ist aber auch eine höchst wirkungsvolle „Waffe“, die tief verletzten kann und Konflikte eskalieren lässt. Es ist wie ein Zauberlehrling, der die Wirkungen seines Zauberspruchs plötzlich nicht mehr einfangen kann. Und was wird nicht alles in den „Social Media“, also den sozialen Medien alles „hingerotzt“, was in keiner Weise dem Anspruch an „sozial“ genügt.
Auch wird der Mensch, der an unzähligen „Orten“ in dieser „Schein- oder Parallelwelt“ seine Datenspuren hinterlässt, immer transparenter und „lesbarer“ und damit auch manipulierbarer, Vielleicht ist die Zeit, wo die intelligente Maschine die Herrschaft über den Menschen übernimmt, nicht mehr weit. Schöne neue Welt!?
Trotzdem: Bei aller tiefen Skepsis glaube auch ich, dass wir der „Social Media Welt“ nicht aus dem Weg gehen können. Ich kann und will das nur noch begrenzt. Jüngere und affinere Menschen können dies weit besser. Und ein kleines Stück Hoffnung stirbt zuletzt: Vielleicht spürt und erfährt der ein oder andere doch auch den wirklichen Reichtum, den uns ein direktes und intensives Gespräch, das Ringen miteinander in einem Dialog von Auge zu Auge oder das gemeinsame Erfahren durch gemeinsames Tun schenken kann. Für mich bleibt dies ganu elementar und ist durch alle Formen der „Social Media“ nicht zu ersetzen. Oder vielleicht doch?
Schöne neue Welt!?
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Lieber Ralf, ich beschäftige mich mit Social Media, weil es das einfach gibt. Und mich interessiert Instagram aus dem einzigen Grund, weil sich dort die Jugendlichen versammeln. Und ich frage mich auch: Will ich überhaupt dahin? Mein Sohn hat mir vor vielen Jahren mal angeboten, dass er mir seine Musik vorstellt. Ich war spröde. Auch aus dem Grund, weil ich fand: Jugendliche sollen ruhig ihren eigenen Bereich haben, in dem sich ihre Eltern nicht tummeln.
Hinzu kam, dass Rap nicht meine Musik war und immer noch nicht ist. So geht es mir auch mit Instagram. Wie angedeutet, finde ich die Bildersammlungen meistens langweilig. Aber es ist ja auch nicht meine Welt. Meine ist die des Blogs – einen Gedanken in Textform weiterzuspinnen. Das finden viele Jugendlichen wiederum bestimmt langweilig. Aber nicht alle. Manchmal bekomme ich gerade von solchen Menschen Likes, und einige folgen sogar dem Blog.
Und das finde ich toll. Denn auch das sind Begegnungen. Sie lernen eine Gedankenwelt kennen, die ihnen bestimmt ziemlich fremd vorkommt – mir geht es ja mit ihrer genauso.
Aber es ist spannend. Auch wenn es „nur“ virtuell ist. Aber was heißt das schon? Ist nicht das Wichtige an Begegnungen, egal ob analog oder digital, dass wir selbst verändert werden? Uns einlassen auf andere Menschen und Gedanken? Neues lernen und erkennen und bereit sind, unseren Horizont zu erweitern?
Gut, Hate Speech ist ein besonderes Problem, das mit den Social Media noch einmal verschärft wurde. Aber sind wir nicht auch auf diesem Feld dabei, Regeln zu definieren und zu lernen? Ich will gerne meinen Teil dazu beitragen.
Und nun möchte ich aber auch mal das schöne Wetter nutzen – die Terrasse wartet 🙂 Das Thema aber bleibt und lohnt. Vielen Dank für Deinen Beitrag.
Herzlichst, Erik
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Einen Haken, lieber Erik, an die Gedanken, die Du äußerst. Wir sind nicht auseinander. Wobei ich für mich im noch verbleibenden beruflichen Kontext spüre, dass z.B. die Digitalisierung unsere vertraute Welt über kurz oder lang auf den Kopf stellen wird.
Doch viele, auch Manager, sehen dies immer noch als eine rein „technische“ Herausforderung. Welch ein Irrglaube! Das alles ist hochgradig spannend auch für mich, ich bleibe offen für viele neue Dinge und trotzdem fehlt mir, wenn ich ehrlich bin, die Passion oder der Spirit, mich diesem vorbehaltlos und mit vollem Herzen zu widmen.
Solange wir uns noch auf Veränderungen einlassen, verändern wir mit und verändern uns aktiv auch selbst. Tun wir das nicht, werden wir verändert. Das ist nicht mein Ding!
Und ein Erlebnis zum Schluss: Mein lieber Sohn macht aktiv Musik, die auch mich herausfordert, obwohl ich mich sehr offen gegenüber vielen musikalischen Richtungen fühle.Ich ließ mich darauf ein und entdeckte etwas, was mich mich bereicherte.
Und neulich wurde ich von meinen Kindern „überredet“, nun doch endlich auch Whats App mit zu nutzen. Beide sind durchaus „kritische“ Nutzer, aber halt jünger und affiner und es ist eher Ihre Welt der Kommunikation. Ich gestehe, dass ich durchaus noch mehr von Ihnen erfahre – neben den „alten“ Kommunikatioswegen.
Also: Das Thema bleibt und lohnt, so Deine Worte. Das schöne Wetter auch! Genießen wir es an räumlich entfernteren Orten – am Deister wie im alten „lieben“ Hamburg.
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