Heute waren wir im Gottesdienst. Und dabei haben wir das Haus gar nicht verlassen. Wir waren dabei, als bei uns im Norden der erste interaktive Sublan-Gottesdienst stattfand. In der St. Nikolaikirche zu Hamburg-Harvestehude, gehalten von den Pastorinnen Maren Schack und Corinna Senf sowie Hauptpastor Martin Vetter.
Sublan ist die Firma, die das Ganze entwickelt hat und betreut. Man kann es sich etwa so vorstellen wie eine Mischung aus Fernsehgottesdienst und Videokonferenz. Smartphones und Tablets waren ausdrücklich erwünscht, nicht nur im Gottesdienst, sondern auch zuhause. Trotzdem gab es eine Reihe bekannter traditioneller Elemente: Kirchenlieder, Begrüßung, Psalm im Wechsel, Lesung, Abkündigungen, Fürbitten, Vater unser und Segen. Neu waren die Grüße, die übers Netz auf die Tablets eintrudelten. Als Predigt gab es eine Dialogansprache. Den größten Umfang nahm dann die Beantwortung der Fragen ein, die aus aller Welt gestellt werden konnten. Ach ja, und zum Schluss kam auch noch der Segensroboter „BlessU2″zum Einsatz.
Die Reaktionen, die danach eingeblendet wurden, waren zum allergrößten Teil positiv. Und ich fand die ganze Veranstaltung auch gut. Durch die Dialoge und das Frage-und-Antwort-Spiel ging die Zeit flott vorbei. Die jüngere Generation wurde offensichtlich weit mehr angesprochen als durch den traditionellen Gottesdienst. Und die Gemeinde erreicht viel mehr Menschen.
Nicht so viele wie der Fernsehgottesdienst. Dort sind es im Schnitt 700.000 Zuhörende. Pro Gottesdienst! Davon kann Sublan bis jetzt nur träumen. Aber es ist ja – hoffentlich – erst der Anfang.
Thomas Hirsch-Hüffell schrieb auf Facebook: „Spaßig. Wirr. Liebevoll bemüht. Herausforderung für alle Entweder-Oder Typen.“ Ja…. da passte in der Tat noch nicht alles zusammen.
So konnte sich das Team nicht wirklich entscheiden, welches Thema denn nun im Mittelpunkt stehen sollte. Offiziell, also von der Lesung her, war es 1. Thessalonicher 15,14-24. Da geht es dann vor allem um das Verhalten in der Gemeinde. Und es steht dort auch der Satz: „Prüfet alles und das Beste behaltet.“ Und das war dann immer wieder die Brücke, um zu prüfen, ob so ein interaktiver Online-Gottesdienst wirklich ein gutes Format ist.
Das wurde natürlich auch durch die Teilnehmenden provoziert. Viele, vielleicht sogar die meisten waren nicht wirklich an einer tiefgehenden inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Bibeltext interessiert. Im Vordergrund stand dann eher der Unterhaltungsfaktor. Ein solches Frage-und-Antwort-Spiel bevorzugt zweifellos auch eher die spontanen Typen. Wer schlagfertig und witzig ist, ist eindeutig im Vorteil.
Wir Pastorinnen und Pastoren haben dagegen eher gelernt, nach einem längeren Denkprozess einigermaßen sinnvolle Gedanken zu formulieren. Auch mir kommen die besten Ideen meistens erst mit Anlauf.
Und es ist möglicherweise auch kein Zufall, dass sich solche Formate vor allem im frommen Milieu durchgesetzt haben – dort, wo die Antworten einfach klarer und einfacher sind und früher feststehen als bei den eher philosophisch veranlagten Typen.
Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht. Wird sich der traditionelle Gottesdienst halten können? Welche neuen Elemente werden sich durchsetzen? Ich bin überzeugt, dass wir hier erst am Anfang einer spannenden Entwicklung stehen.
Und hier ist noch einmal der gesamte Gottesdienst zum Nacherleben. Er fängt übrigens erst bei Minute 30 an: