Ute fährt heute nach Wittenberg, dienstlich. Und sie möchte sich dort auch die Reformationsshow anschauen. Vor allem eine Attraktion möchte sie sich nicht entgehen lassen: Den Segensroboter.
Wie bitte?
Ja. In Wittenberg hat die Hessen-Nassauische Kirche (EKHN) einen Roboter aufgestellt, der segnet. Man drückt auf einen Knopf und kann sich diesen Segen sogar passgenau bestellen, in sieben Sprachen incl. hessisch.
Meine spontane Reaktion: Das ist ein Witz! Das ist Satire!
Doch meine Recherchen im Netz bestätigten meine Befürchtungen: Das ist durchaus ernst gemeint. Gebaut hat die Maschine „BlessU 2“ (sprich: bless you too, sei auch gesegnet) der Künstler und Roboterkonstrukteur Alexander Wiedekind-Klein. Mit der Installation will die EKHN zum Nachdenken über Automatisierung und künstliche Intelligenz (KI) anregen: „Was passiert, wenn traditionsreiche liturgische Handlungen der Kirche auf eine zunehmend automatisierte und digitalisierte Welt treffen?“ Und zum Nachdenken über den Segen: Wie wirkt er? Wirkt er nur von Menschen für Menschen?
Der Pfarrer Stefan Krebs von der Öffentlichkeits- und Medienarbeit der EKHN kann dem durchaus etwas abgewinnen. Sein Argument: Die Menschen wollen das so. Schließlich gibt es inzwischen jede Menge Roboter zum Kuscheln, Sex und Reden – und die sind deutlich weniger anstrengend als Menschen. „Warum nicht auch für einen Segen? Braucht es dafür unbedingt den Menschen?“, fragt Pfarrer Krebs.
Neinnein, betont er. Den Segen spendet nicht der Roboter. Aber eigentlich ja auch nicht der Mensch. Der Segen kommt schon noch von Gott. Nur, er muss ja irgendwie gespendet werden. Und was ist da der Unterschied zwischen einem Menschen, einer Karte über dem Hauseingang „Gott segne dieses Haus und alle, die da gehen ein und aus“ und BlessU 2?
„Was heißt das für den Roboter: Kann er segnen?“, fragt Pfarrer Krebs. „Kann man sich daran gewöhnen? Oder will man das gar nicht! Probieren Sie es aus.“
Ute wird es für mich machen. Ich gestehe, dass ich mir eigentlich meine Meinung schon gebildet habe. Aber noch halte ich mich zurück…
Und hier noch ein Erfahrungsvideo:
http://www.dw.com/embed/640/av-39170685
Video: Deutsche Welle. http://p.dw.com/p/2eM5F
Dazu entfährt mir spontan ein kräftiges „Pfffff…“
Zu mehr möchte ich mich hier nicht hinreißen lassen.
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Willkommen im modernen Ablassgeschäft! Reformation mit Rolle rückwärts. War da was – siehe Luther.Wenn das die moderne Reformation anno 2017 ist, dann herzlichen Glückwunsch, liebe Kirche. So lässt sich Zukunft sicher nicht gewinnen und der Glaube verkommt zur puren Unterhaltung.
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Auch ich war neulich in Wittenberg und wurde gedrängt bis genötigt, mich vor dieses Ding zu stellen. Es war gruselig. Ich habe spontan die Flucht ergriffen – übrigens dann auch gleich vor den anwesenden Ehrenamtlichen unter Sonnenschirmen, die mir hinterher riefen: „Wollen Sie sich dann vielleicht von uns segnen lassen?“ „BlessU 2“ wird inzwischen auch als Paradebeispiel für „Wortpanscherei“ gehandelt… wogegen sich die Hessen-Nassauische Kirche allerdings recht eloquent wehrt. – Es gibt in WIttenberg zum Glück auch vieles andere zu entdecken, allem voran die Ausstellung „Luther und die Avantgarde“ im alten Gefängnis. Ich hoffe, Ute hat Zeit dafür neben den dienstlichen Verpflichtungen.
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Nachtrag:
Ich fand es, lieber Erik, äußerst hilfreich mit Hilfe Deiner von mir angeregten „Einwürfe“ noch einmal intensiver über Luther, die Reformation und die Rolle/ das Erscheinungsbild der Kirche im Lutherjahr nachzudenken. Siehe dazu die Beiträge unter „War da was?“.
Dafür nochmals einen herzlichen Dank! So kann ich meinen empfundenen „inneren Zwiespalt“, Luther würde wohl eher von „innerer Not“ sprechen, klarer fassen, versprachlichen, Position beziehen und auch Fragen aufwerfenn. Ausreichend Antworten habe ich noch keine und möchte diese auch nicht „geliefert“ bekommen. Ich vermag selbst zu denken. Doch wenn die Institution Evangelisch-lutherische Kirche lieber auf Roboter für die Zukunft setzt und den Kommerz mit der Zeit – besser einem empfundenen „Zeitgeist“ sucht, bin ich wie Luther damals im Zweifel, ob ich in diesem Raum weiter meinen Platz finden möchte.
Danke, liebe Jutta Seeland – zu mehr möchte auch ich mich auch nicht hinreißen lassen!
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Lieber Ralf, nun habe ich fast die Befürchtung, dass Du die Sache sehr hoch hängst. Der Segensroboter, das ist nicht Kirche. Kirche, das sind wir. Und wir haben die Möglichkeit, uns anhand solcher Ideen mit wichtigen Fragen auseinander zu setzen. Wir werden am Thema dran bleiben: Ein paar Gedanken über den Segen sind noch geplant und dann natürlich der Bericht von Ute.
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Stimmt, die Kirche sind wir und das ist auch gut so! Und es gibt viele Fragen, an denen wir dran bleiben sollten, Und damit Deckel drauf.
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