Exerzitien 17. Teil, Bingen 2016, die „zweite Woche“.
Das ist wieder ein typisch ignatianisches Bild: Zwei Heerlager stehen sich einander gegenüber. Auf der einen Seite sieht man das Banner Luzifers, inmitten von Feuer und Rauch. Seine Dämonen locken die Menschen mit Reichtum, Ehre und Hochmut. Auf der anderen Seite sammelt Jesus die Seinen. Sein Platz ist bescheiden und liebenswürdig. Die Apostel sammeln die Menschen, indem sie ihnen Armut, Verachtung und Demut in Aussicht stellen – und dass sie für die gute Sache kämpfen.
Diese Vorstellung erinnert mich an das Bild „Der breite und der schmale Weg“. Wer den breiten Weg geht, kommt über den Besuch von Wirtshaus und Theater, Lottospielen, Verbrechen und Krieg in die Hölle. Der schmale Weg führt über die Kirche, Sonntagsschule, Diakonissenhaus und Almosen geben in den Himmel. Die Botschaft: Halte dich von den weltlichen Vergnügungen fern, wenn du nicht auf ewig verloren sein willst.
Hinter beiden Bildern scheint der Grundsatz zu stehen: Alles, was Spaß macht, ist Sünde.
Und doch gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Konzepten: Den Jesuiten ging es immer um das Ziel. Wenn es dem Ziel diente, sind sie auch in Wirtshäuser gegangen. Sie haben selbst Theater eröffnet und zum Massenmedium gemacht, religiöse Stücke geschrieben und den öffentlichen Diskurs beeinflusst. In China kleideten sie sich wie die Einheimischen und beschäftigten sich mit Astrologie, weil es ihnen Ansehen einbrachte. Deshalb wurde ihre Mission in Peking auch von der katholischen Kirche geschlossen, da sie die Mittel der Jesuiten verurteilte.
Armut, Schmach und Demut sind für Ignatius keine Ziele an sich. Er sah sich durch die Verlockungen Luzifers in seiner Freiheit beschnitten, dem „Ruf des Königs“ zu folgen. Wenn es dir egal ist, ob du arm bist oder angesehen, wenn du nicht mehr durch deinen Hochmut geblendet wirst, dann bist du frei, das zu tun, was gut ist zu tun.
Im Grunde kennen wir diese Gedanken und Übungen schon aus der ersten Exerzitienwoche. Dass sie hier noch einmal vorkommen zeigt, wie wichtig sie Ignatius sind. Und dass wir unsere eigenen „Sünden“ nie endgültig überwinden. Die innere Freiheit ist kein Zustand, den wir irgendwann einmal haben, sondern das Ziel, auf das wir uns zubewegen.
Deshalb habe ich mich in dieser Zeit wieder mit meinen persönlichen Fallen beschäftigt und mit der Frage, was denn nun gut sei und wie es zu erkennen ist. Auch bei der Beantwortung dieser Fragen bin ich immer noch auf dem Weg.
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Beitragsbild: Von Anonym – „Venus und Mars. Das mittelalterliche Hausbuch aus der Sammlung der Fürsten von Waldburg Wolfegg“. München 1997, ISBN 3-7913-1839-X, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3528265
Das Bild „Der breite und der schmale Weg“ ist ursprünglich ein Bild von 1864 von Charlotte Reihlen (Idee)/Paul Beckmann (Ausführung) – http://www.taunusportal.de/predigt/prewo/prewo_der_schmale_weg.htm, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3820917