Ich bin keine Veganerin

Dies ist ein Gastbeitrag unserer Tochter Inga. Angeregt dazu wurde sie von den Kommentaren zu „Irgendwas mit Tieren“. Auch wenn es dort eher um die Art und Weise ging, wie das Thema „vegan“ diskutiert wird als um die Gründe dafür oder dagegen, fühlte sie sich herausgefordert. Und wir freuen uns auf eine lebendige und konstruktive Diskussion. Inga schreibt:

Ich bin keine Veganerin – zumindest sehe ich mich nicht zu 100% so.

Vor fast 3 Jahren habe ich mich aus ethischen Gründen dagegen entschieden, weiterhin Fleisch zu konsumieren. Für mich ist der Gedanke mittlerweile komisch, dass ich einem vorher lebendigem Wesen für ein paar Minuten Genuss das Leben nehmen musste.

Vor knapp 2 Jahren habe ich mich dann weiter mit der Thematik befasst, und ich begriff, dass auch für die Milchprodukte und Eier, die ich kaufe, Tiere genutzt und natürlich am Ende getötet wurden.

Seit diesem Zeitpunkt habe ich mich viel informiert, viel gelesen, Dokumentationen geschaut und war mit so einigen Leuten in Kontakt, sodass ich mich im Endeffekt dazu entschieden habe, dass ich keinen guten Grund mehr finde, mein Essverhalten zu rechtfertigen. Ich kann mir nicht mal Szenen in der Massentierhaltung anschauen – wie kann ich etwas essen, das ich nicht für unterstützenswert halte? Für mich ist Veganismus und Vegetarismus kein Trend, sondern der für mich(!) friedlichste Weg zu leben. Es ist kein Geheimnis, dass Nutztierhaltung der größte Faktor für die Entstehung von CO2 und den Verbrauch von Wasser auf der Welt ist. Dafür muss man nur ein wenig rechnen.

Doch auch wenn ich versuche, soweit es geht ethisch zu handeln, kann ich mich nicht als Veganerin sehen. Ich stehe regelmäßig im Zwiespalt, wenn mein Freund abgelaufenes Essen von der Arbeit mitbringt. Esse ich etwas Unveganes, statt etwas Neues zu kaufen? Ökologischer wäre es. Vegan aber nicht.

Konsumiere ich Palmöl trotz Regenwaldrodung? Fliege ich in den Urlaub? Kaufe ich fast-fashion? Welchen Strom nutze ich? Wie kann ich Plastik reduzieren?

Mit all diesen Gedanken wird man konfrontiert, wenn man sich mit dem Veganismus befasst. Ist man kein Veganer, weil man ja noch Palmöl kauft? Und das, obwohl doch eigentlich keine Tiere involviert sind?

Man muss einen ganz schön weiten Spagat schaffen, um mit sich selbst im Reinen zu sein, sich aber auch nicht in das soziale Aus zu schießen. Was mache ich, wenn all meine Arbeitskollegen in der Pause Eis essen gehen, es aber kein veganes Eis gibt?

Ich persönlich versuche eine für mich(!) gute Mischung zu finden. Ich esse nie Fleisch und Fisch; das kann ich einfach nicht mehr. Ich esse ab und an das Abgelaufene, was mir schmeckt, wenn es sonst weggeschmissen wird, und ich esse das Veganste, was es auf der Speisekarte gibt, wenn ich bei Geschäftsessen bin.

Ich möchte niemandem auf die Füße treten oder in großen Diskussionen festhängen, wenn sie nicht sachlich geführt sind. Ich lasse jeden, der will, essen, was er will, solange er es bewusst tut und niemanden dafür belächelt oder es als Trend abspeist, dass jemand sich ethisch und ökologisch ernähren will. Das mag ich gar nicht! Und selbst wenn es ein Trend ist – ist es nicht ein toller Trend? Keine Tiere töten? Was ist daran verwerflich? Auch fange ich keine Diskussionen dazu an, wenn es nicht jemand anders auf den Tisch gebracht hat. Und das erlebe ich – entgegen dem Klischee, dass Veganer alles an die große Glocke hängen – tatsächlich sehr oft.

Ich möchte an alle, die dies lesen, appellieren, dass sie versuchen, bewusst zu konsumieren. Dass sie überlegen, ob sie wirklich eine Plastiktüte, einen Kaffee im Pappbecher, das x-te neue T-Shirt oder das günstige Fleisch auf dem Tisch brauchen (über 95% des verkauften Fleisches stammt aus der Massentierhaltung und nicht vom Bauern von nebenan).

Und zuletzt finde ich, dass man dieses Thema behandeln muss und nicht totschweigen darf. Das Einweg-Plastikgeschirr-Verbot ab 2020 zeigt, dass wir Probleme auf dieser Welt haben, wenn wir uns stetig vermehren, die Welt zumüllen, mehr billiges Fleisch kaufen und Wälder roden. Jeder kann etwas tun! Man muss kein Veganer, keine Veganerin werden. Es gibt so viele Möglichkeiten…

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Beitragsbild: Pexels

12 Gedanken zu “Ich bin keine Veganerin

  1. Jutta Seeland schreibt:

    Liebe Inga!
    Ihr Beitrag hat mein Herz wahrhaftig erfreut!
    Ich bin zwar auch keine Veganerin, finde Ihre Gedanken zu dem Thema aber angenehm ausgewogen. Noch esse ich Fisch – möglichst aus Angelfischerei – und ich mache auch kein Empörungs-Fass auf, wenn ich zum Essen eingeladen bin, und da ist „Fleischiges“ dabei.
    Wichtig an der ganzen Diskussion finde ich den Gedanken, *bewusste* Entscheidungen zu treffen, natürlich auch, wenn es um die Verwendung von Plastik geht, oder um Flugreisen oder Kreuzfahrten oder…oder…oder…
    Ich bedanke mich in Gedanken bei jedem Fisch, den ich essend genieße, nehme (schon lange) Stoffbeutel zum Einkaufen mit, kaufe Obst und Gemüse, wenn es irgend geht, unverpackt und hadere mit mir wegen so mancher Autofahrt, versuche auch hier zu reduzieren.
    Das ist alles noch nicht wirklich toll, aber ich arbeite an mir und meinen Gewohnheiten. 😉
    Es freut mich sehr, wenn gerade junge Menschen sich zunehmend bewusst machen, was Eigenverantwortung für „die Welt“ bedeutet, und ich hoffe, dass das ansteckend ist – ganz ohne moralische Überhöhung und erhobenen Zeigefinger!
    In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich!
    Jutta Seeland

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  2. Ralf Liedtke schreibt:

    Liebe Inga,

    ich finde es großartig, dass und wie Du Deine Gedanken formuliert und den Mut gefunden hast, für Dich Position zu beziehen, die gleichzeitig „Türen“ offen lässt.

    Das nötigt mir großen Respekt ab. Es gibt vieles in Deinen Gedanken, was ich teile und in unserem Grundanliegen, diese Erde, Welt und die Lebewesen weitgehend zu schützen und zu erhalten, sind wir uns sicher einig. Soweit wir es noch können. Auch wenn ich selbst nicht aufgegeben werde, stimmen mich alle Entwicklungen sehr skeptisch.

    Möglicherweise setzen wir beide zum Teil andere Schwerpunkte in unserem Handeln oder bewerten optional unterschiedliche Wege wie die Erfolgsaussichten insgesamt auch unterschiedlich.

    Mein eigentliches Thema in der Diskussion war und ist: Ethik und Moral bzw. besser gesagt die jeweils zugrundliegenden Bewertungskriterien unterliegen dem Stand menschlicher Erkenntnis, dem jeweiligen Zeitgeist, unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen, sich immer wieder im Laufe der Historie verändernder Werte, Regeln und Konventionen.Und jeder Mensch reagiert und agiert dabei auf seine Weise und ich zweifele, dass es nur die eine gültige und richtige Ethik oder Moral gibt.

    Für mich ist wichtig, verstehen zu können, warum jemand so oder so handelt, d.h. seine ihn in seinem Verhalten leitenden Motive, Werte, Haltungen, Glaubenssätze und Interessen. Ich muss damit nicht einverstanden aber ich kann es dann respektieren oder sogar auch wertschätzen. Umgekehrtes erwarte ich von anderen auch. Dazu hast Du mir mit Deinem Beitrag sehr geholfen. Danke!

    Ich freue mich, Dich wieder zu sehen und hoffe sehr, dass wir dazu weiter Gelegenheit finden. Deinen Kuchen werde ich weiter mit Freuden genießen!

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  3. Claudia schreibt:

    Hallo Inga, vielen Dank für Deine Worte. Du bringst es für mich (!) 🙂 auf den Punkt. Respekt. „Unser kleines Nachbarmädchen “ – unglaublich. GLG Claudia

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  4. Ute Klingwort-Finster schreibt:

    Liebe Inga!
    Danke für die Kunst der Unterscheidung, die du vorgenommen hast. Mit dem Wellness-Trend habe ich eine der Wellen gemeint, die unsere Gesellschaft mit ihren vielen tollen Tipps – auch gern in Form von Sachbüchern – überfluten. Dieser Trend passt perfekt zu dem Individualismus, der von der Egozentrik (manchmal oder: bei manchen) schwer zu unterscheiden ist. (Seltsamerweise beißt sich der moderne Hang zur Individualität mit der Uniformität der Ideen – aber das ist ein anderes Thema.)
    Deine Argumentation geht in die von mir genannte zweite Richtung: eine bewusste Kopf-und-Herz-Entscheidung auf der Basis verlässlicher Informationen; eine Entscheidung, die praktische Konsequenzen für dein Verhalten im Alltag hat. Das ist das Gegenteil einer schicken Mode, die schnell wieder vergeht (und eigentlich austauschbar ist).
    Respekt!

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  5. Thomas schreibt:

    Liebe Inga, ein ganz liebes Dankeschön für Deine tollen Ausführungen !

    Vieles spricht mir aus dem Herzen. Es ist im Grunde einfach nur noch unerträglich, anekelnd, widerlich, wie wir mit unseren Mitgeschöpfen umgehen : Profitmaximierung um jeden Preis – und der Bauerverband mit seinen Funktionären ein großer Teil des Problems ! Eine große Lobby, die in Berlin in gewissen Parteien ihre mächtigen Interessensvertreter hat. Ich wundere mich wirklich nicht mehr, dass die Grünen einen solchen Zulauf haben …

    Das Schreddern von Küken, die Kastrierung von Ferkeln ohne Betäubung, die Zustände auf bundesdeutschen Schlachthöfen ( nicht nur für die Tiere, sondern auch für die dort beschäftigten Arbeiter aus Osteuropa ) … die Aufzählung könnte endlos fortgeführt werden ! Wer jemals einen modernen Schweinemastbetrieb von innen gesehen , wer jemals vor Ort gesehen hat, wie Puten gemästet werden, wer zur Kenntnis genommen hat, dass Milchkühe kaum noch auf saftigen Wiesen zu finden sind, der ist entweder ein gigantischer Verdrängungskünstler oder dem vergeht endgültig jeglicher Appetit auf tierische Produkte … Ich gehöre – ehrlich gesagt – zu den Verdrängungskünstlern …

    Der wertschätzende Umgang mit Tieren und oft auch mit Menschen ist uns weitgehendst entglitten und abhanden gekommen. Wir leben in einer überwiegend turbo-kapitalistischen Gesellschaft – und wir als Kirche profitieren über die Kirchensteuer ja ganz mächtig an den hier erwirtschafteten Gewinnen ! Es ist einfach ein Dilemma : Man möchte so gerne neue Verhaltensmodelle einüben – und schafft es dann doch nicht ! Es macht mich oft genug mutlos, depremiert, erschöpft, ratlos, wenn ich begreife, dass ich selbst Teil dieses Systems bin, das jeden Respekt vor Menschen und Tieren verloren hat – ganz zu schweigen von den Strukuren unseres Massentourismus … Der Kapitalismus fordert seine Opfer in allen Bereichen und übrig bleiben Ausbeutung, mangelnder Respekt vor dem Leben, unfaire Lebensbedingungen, gequälte Tiere, bedrohte Natur und Umwelt und die bittere Erkenntnis, dass auch die Kirche, die so gerne sich lautstark und weltverbessernd zu Wort meldet, Teil dieses im Grunde unerträglichen Systems ist …

    Darum Euch, liebe Inga und liebe Maj-Britt, umso mehr mein Dank und Respekt, wie Ihr mutig uns neue Wege weist – auch wenn ich selbst da nur sehr, sehr halbherzig mit auf dem Weg bin ! Ihr merkt ja selbst, welche wichtige Diskussion Ihr hier mit Papa`s Hilfe eigentlich ganz unbeabsichtigt angestoßen habt ! Das Thema trifft wirklich den Nerv der Zeit ! Danke !

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  6. Friedhelm Berg schreibt:

    Ein wichtiges Thema, denn es geht um nicht weniger als das Überleben der Menschheit. Jeder kann beitragen Gedanken dazu zu entwickeln und zu klären. In Schocksituationen verfällt der einzeln oft in Verhaltensweisen, die die die Situtation für ihn noch verschlimmern, statt ihm rauszuhelfen. Was unsere heutige- politische, ökonomische, gesellschaftliche Situation angeht, sind es oft gerade die jungen Leute, die so schockiert sind, dass sie gleich was machen wollen, am liebsten sofort und etwas was sie selber und direkt machen können, sinnvoll oder nicht, ist egal, Hauptsache man tut etwas. Hier tut mehr Überlegung not.
    Viele Probleme sind nur gesellschaftlich und nach reiflicher Überlegung und Information zu lösen und nicht im individuellen Bereich. Nicht jeder kleine Pups den man lässt trägt gleich zur Umweltbelastung bei und muss vermieden werden. Nicht jeder Waldlauf ist schlecht, weil man dadurch mehr vom lebenswichtigen Sauerstoff verbraucht und hinter her mehr Appetit hat (und den Leuten in Afrika/Asien den Reis wegisst). Unser Planet ist überreich und nicht durch einen Mangel gekennzeichnet, außerdem verfügt er über sehr große Selbstreinigungskräfte.
    Was Not tut, ist mehr Courage, mehr Mut auch gegen den Strom zu schwimmen, mehr Vertrauen auf das eigene Denkvermögen. Mehr Mut auch zu sich selber zu stehen, nicht einfach, wenn man nicht weiß, wer man ist. Aber das ist ein anderes Thema. Aber Angst haben und immer nur kuschen zahlt sich weder für eine Gesellschaft noch für den einzelnen auf Dauer aus. Ehrlich währt am längsten, sagt man, aber ehrlich zu sein ohne allzu sehr anzustoßen, ist ehrlich nicht immer einfach.
    Der größte Umweltzerstörer und Ressourcenverschwender ist nicht das Fleischessen (ich bin Veganer/Vegetarier, das nur nebenbei) sondern die Rüstungsindustrie und die Ausgaben für unsere Verteidigung. Früher sprach man vom Kriegsministerium und der Kriegsindustrie, aber da gab es auch noch nicht George Orwell und „1984“. Schon in den 70iger Jahren konnte man lesen, das 1/3 der Forschungsausgaben der Unis in England für diesen Industriezweig getätigt wurden. Ob sich daran was geändert hat?
    Thomas beklagt das Kastrieren von Ferkeln ohne Betäubung. Die deutschen Kinderärzte haben unisono in einem langen Memorandum an den Bundestag vergeblich beklagt, das Babies und kleine Kinder per Gesetz straffrei und ohne Narkose beschnitten werden dürfen. Hat das hier jemand schon mal erleben dürfen, das Blut sprizt, die 2 und 4jährigen Söhne schreien „Papa, Papa, du bringst uns um“ und der freut sich über die geglückte Initation. Ich respektiere tiefreligiöse Einstellungen, aber sollte man nicht auch an das Wohl der kleinen Menschen denken?
    Freihandel und Globalismus machen mehr Dreck und Umweltprobleme als der einzelne Veganer und Antistrohhalm und Antiplastiktütenmensch je wird kompensieren können. Plastiktüten schwimmen im Pazifik in einer Größenordnung wie ganz Texas, aber die kommen praktisch alle aus China und Indien … Na gut, eben noch einen Beitrag gehört im Deutschlandfunk Kultur über den Absturz einer US-Militärmaschine in Remscheid in 1988: Folge: Krebs, denn die mitabgestürzte und explodierte Munition enthält Uran. Wurde und wird immer noch alles vertuscht, die Leute haben einen Maulkorb bekommen, Kann man sicher nachhören: DLF Kultur Zeitfragen feature. Wünsche allen einen schönen Abend und danke für diesen immer mal wieder sehr interessanten Blog.

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  7. Thomas schreibt:

    Lieber Friedhelm, für mich ein sehr spannender Beitrag ! Es ist wirklich wichtig, dass wir hier keine falschen Gegensätze aufbauen und konstruieren : Es geht natürlich primär um die Gemeinschaft von Mensch und (!) Tier inmitten einer möglichst intakten Umwelt ! Es geht mit den Worten Albert Schweitzers um die „Ehrfurcht vor dem Leben“ als oberster Maxime allen ethischen Handelns – sinngemäß : „Ich bin Leben inmitten von Leben, das ebenfalls leben möchte!“ Dies in einer einseitig auf Profitmaximierung ausgerichteten Wirtschaftsordnung immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, ist ein mühseliger und dennoch unverzichtbarer Auftrag aller ethisch denkenden Menschen ! Das versucht mal den Repräsentanten unserer Wirtschaft ins Stammbuch zu schreiben ! Das versucht mal all den BWLern ins Hirn zu hämmern ! Da seid Ihr dann nahe dran an einer kollektiven Depression ! Viel Glück dabei oder besser „Gottes reichen Segen“ ! Den werden wir brauchen, um nicht auf halbem Weg aufzugeben !

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  8. Annett Wittenberg schreibt:

    Ein großartiger Beitrag! In diesem Spagat zu leben , ist schwierig und macht oft auch traurig. Aber ich habe daraus gelernt, auch nachsichtig mit mir und allen zu sein , die im Spagat leben. Lieber viele kleine gute Schritte als keiner!

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  9. Sönke Thiesen schreibt:

    Vegan?
    Gedanken über die Konsequenzen

    Wie gut, das Menschen sich darüber Gedanken machen, wie ihre Konsumgüter, insbesondere ihre Nahrungsmittel hergestellt werden, woher sie kommen, welche Auswirkungen sie in letzter Konsequenz haben. Nahrungsmittel ist mehr als Aufnahme von Nährstoffen und Gaumengenuß. Nahrungsmittel sind Lebensmittel, die dem Leben, dem eigenen und der Welt, auf vielfältige Weise dienen.

    Bleibt die Frage, was passiert in Konsequenz, wenn wir uns alle vegan ernähren würden?
    Für die ausgewogene Ernährung müssen Lebensmittel, die nicht regional und saisonal erzeugt worden sind, möglicherweise auch künstliche Zusatzstoffe mit gegessen werden. Muss man wollen.
    Landwirtschaftlich genutzte Haustierarten: Kühe, Schweine, Hühner, Schafe, Ziegen … verschwinden weitestgehend aus unserem Lebensumfeld. Ohne Verkaufserlös werden nur wenig Menschen bereit sein, solche Tiere zu halten.
    Weiden, Feuchtwiesen und offene Weidelandschaften mit ihrem Artenreichtum an Wildpflanzen und Tieren gibt es nicht mehr.
    Landwirtschaft, ob klein- oder großbäuerlich, ob bio oder konventionell, braucht den Futteranbau, wird es also auch nicht mehr geben!

    Wenn man Bauern kennengelernt hat, die in einer guten Beziehung mit ihren Nutztieren leben, und die dieselben Tiere schlachten lassen können und auch selber essen können, steht man der veganen Bewegung etwas ratlos gegenüber.

    Wir auf Biohof Spannbrück hielten 200 Angler Sattelschweine. So gut wir konnten artgerecht, ohne Medikamente, nur mit betriebseigenem Futter versorgt, geschlachtet nicht im Großbetrieb, sondern beim Dorfschlachter in der Nähe. Dann kamen lauter gesellschaftliche Interessenverbände, die uns ihre Vorstellungen aufdrücken wollten, das bedeutete in ihrer Konsequenz u.a. Chemieeinsatz und Futterkomponentenzukauf.
    Das wollte ich nicht, und jetzt ist auf unserem Hof kein Schwein mehr.
    Gibt für mich mehr Freiheit, aber ist das wirklich besser?

    Veganismus entspringt zum einen der Machtlosigkeit gegenüber der entarteten Wirtschaftsweise der Agrarwirtschaft. Es ist gut, sich dagegen zu positionieren, nein zu sagen: da esse ich nicht mehr mit.
    Es ist aber auch eine Entfremdung von den Kreisläufen unserer Umwelt. Ein Nicht-mehr-kennen der Zusammenhänge und ein Verteufeln des Todes. Zum Leben gehört der Tod.
    Was ist besser: ein gutes Leben, um dann gegessen zu werden oder das Nichtsein, die Nichtexistenz?

    Man kann Tiere lieben und essen.

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  10. Ralf Liedtke schreibt:

    Danke, Sönke, für diese Gedanken auf der inhaltlichen Ebene. Ich teile diese und auch ich stellte mir die Frage nach den Konsequenzen. Auch wenn mich vieles an den Entwicklungen der Menschheit schaudern lässt und ich mich ernsthaft frage, ob dieser Planet für die Zukunft noch zu retten ist, ist die Frage nach den jeweiligen Konsequenzen eines auf den ersten Blick guten Tuns eine äußerst wichtige. Was wäre, wenn …? Diese lässt sich auf viele andere Aspekte, Rohstoffe, Verkehr, Energie, Wirtschaft übertragen.

    Ich bleibe auf der inhaltlichen Ebene dabei, dass sich Schwarz – Weiß sicher gut anhört, dem einzelnen Vertreter auch gut tun kann. Aber bringt uns das zu einer wirklichen Lösung? Ein aktuell sehr treffendes Beispiel ist der Umgang mit dem Diesel – Wirkungen werden überbetont bzw. auch einseitig dargestellt, die Grenzwertfestlegung ist eher dubios und Nebenwirkungen fallen unter den Tisch. Jede „Verteufelung“ hilft leider nicht weiter. Wir müssen aus meiner Sicht wieder lernen, uns gründlicher mit dem Pro und Contra auseinander zu setzen.

    Wer vegan leben möchte, hat dafür meinen Respekt, selbst wenn diese Lebensweise für mich nicht erstrebenswert ist. Er/ sie mag und sollte dies aus seiner Überzeugung dann auch tun.

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