Der Ruf des Königs

Exerzitien 13. Teil, Bingen 2016, die „zweite Woche“.

(Die kursiven Texte sind wörtlich meinem Binger Tagebuch von 2016 entnommen) 

Ignatius schreibt in seinem Exerzitienbuch als Anleitung, dem „Ruf des Königs“ zu folgen und damit der eigenen Berufung gerecht zu werden – und er gibt damit auch einen Einblick in seine Vorstellungswelt: „Der erste Punkt ist: Sich einen menschlichen König vor Augen stellen, von Gott Unserm Herrn selber erwählt, dem alle Fürsten und alle Christenmenschen Ehrfurcht erweisen und gehorchen. Der zweite: Sehen, wie dieser König alle die Seinen anredet und spricht: Mein Wille ist es, das ganze Land der Ungläubigen mir zu unterwerfen (conquistar). Deshalb: wer mit mir kommen will, hat mit der gleichen Speise zufrieden zu sein, wie ich sie habe, ebenso mit Trank und Kleidung usf. Gleichfalls hat er wie ich bei Tag sich anzustrengen und bei Nacht zu wachen usf., damit er nachher mit mir zusammen am Siege Anteil habe, wie er teilhatte an den Mühen. Der dritte: Erwägen, was die guten Untertanen einem so freigebigen und menschenfreundlichen König antworten müssen, und folgerichtig, wie sehr einer, der den Antrag eines solchen Königs nicht annähme, wert wäre, vor der ganzen Welt gerügt und für einen entarteten Ritter (perverso caballero) angesehen zu werden.“

Wir sollten uns nicht so sehr an der Terminologie des Ignatius reiben, meinte Pfr. Mückstein, er sei eben ein Soldat und vom Mittelalter begeistert gewesen. Dem Rat konnte ich gut folgen. Die Bilder waren nicht mein Problem. Mich störte das, was Ignatius selbst als seine Berufung angesehen hat: Menschen zur katholischen (!) Kirche zurückzuführen, die „Unterwerfung der Ungläubigen“ – und damit meinte er vor allem die Protestanten. Gott ist für ihn katholisch. Bei aller Begeisterung für Ignatius – hier endet sie, definitiv.

Ein konfessioneller Gott kommt für mich nicht in Frage. Sollte allerdings ein charismatischer Mensch Menschen dafür suchen, aus HH z.B. eine tolerante, wirklich weltoffene und für die Schwachen sorgende Stadt zu machen, die die unterschiedlichen Menschen integriert … ja, dann mache ich mit Begeisterung mit. Da es einen solchen nicht gibt, wohl auch nicht geben kann, ist Jesus eine gute Wahl … Jesus ist gekommen, den Armen das Evangelium zu predigen, den Gefangenen, dass sie los sein sollen… (Lukas 4,18).

Menschen, die dem „Ruf des Königs“ – nach reiflicher Überlegung – folgen, werden nach Ignatius „nicht nur ihre eigene Person zu den Mühen anbieten, sondern darüber hinaus gegen ihre eigene Sinnlichkeit und gegen ihre fleischliche und weltliche Liebe angehen“. Sie versprechen, Jesus „nachzuahmen im Durchstehen alles Unrechts und aller Schmähung und aller Armut, sowohl der äußeren wie der geistigen, wenn Deine Heiligste Majestät mich zu solchem Leben und Stand erwählen und aufnehmen will.“

So war er, der Gründer der Societas Jesu, kompromisslos und unerbittlich sich selbst gegenüber. Ich selbst war und bin mir nicht sicher, ob ich das selbst leisten würde oder könnte. Aber es käme auf einen Versuch an, wenn das Ziel es wirklich wert sein würde. Eins aber habe ich von vornherein abgelehnt: Meine Ehe und meine Kinder zu opfern. Für sie würde ich sündigen, wenn es nötig sein sollte.

Als ich Pfr. Mückstein diesen Vorbehalt erklärte, meinte er, im Unterschied zu Ignatius allerdings mit einem Augenzwinkern: Keine Sorge, Gott ist katholisch. Und im Übrigen sind für Ignatius Verpflichtungen unbedingt einzuhalten. Nun, das Ergebnis war ja ok, aber die Begründungen haben mich dann doch nicht ganz überzeugt. Ich glaube eher, dass Jesus von mir nichts fordern wird, was der Liebe entgegensteht. Und solange unsere Ehe und Familie so ist wie sie ist, muss ich mir dann auch keine Sorgen machen.

Ein Gedanke zu “Der Ruf des Königs

  1. Ralf Liedtke schreibt:

    Ja, der liebe Ignatius. Im Namen Gottes und der Kirche: Bekehrung und Unterwerfung der „Ungläubigen“. Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt. So ist das halt. Heute klagen wir zur Recht islamistische Strömungen an, die ebenso im Namen ihrer Religion mit anderen „Ungäubigen“ verfahren wollen.Mit ihrem „heiligen“ fanatischen Geist.

    Nein, Ignatius hat mir nicht wirklich etwas auf meinen Weg mitzugeben.

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