Die gute Nachricht gestern war: Wir können wohl nach Borkum fahren, und den Gottesdienst am 25. März kann ich auch halten.
Die andere Nachricht: Das PET/CT-Leuchten am 5. Brustwirbel ist „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ eine Metastase. Und sie sitzt so nahe am Rückenmark, dass eine Bestrahlung außerordentlich kompliziert wird, wenn sie denn überhaupt möglich ist. Außerdem ist die Gegend schon zweimal bestrahlt worden. Es besteht die Gefahr, dass sich ein Ödem bildet, das mittelfristig zu Lähmungen führen kann. Deshalb wurde auch die Klinik in Mainz angefragt, ob eine (weitere) Rücken-OP sinnvoll und möglich wäre.
Die Fachleute wollen sich nun in jedem Fall noch einmal beraten. Sollten sie zur Entscheidung kommen, dass das Risiko zu hoch ist, steht die nächste systemische (Chemo-, Antikörper- oder Immun-) Therapie an. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem ich die letzte noch keineswegs weggesteckt habe.
Schon in der letzten Woche war die Stimmung eher grau gewesen. Jetzt müssen wir diese Informationen erst einmal verkraften.
Wenn einem die körperliche Kraft fehlt, nimmt man sich am besten eine Auszeit: ausruhen, auftanken, und warten, bis es wieder besser geht. Wenn einem psychisch die Luft wegbleibt, ist das komplizierter. Denn die Ursache dafür nimmt man ja auch in den Urlaub mit.
Keine Frage: Es tut gut, nicht allein zu sein. Und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es wäre ohne die Hilfe und Unterstützung so vieler Menschen. Ohne beruflich und damit auch finanziell einigermaßen abgesichert zu sein. Ohne eine solch hervorragende medizinische Betreuung – und auch menschlich waren die Ärzte wieder einmal großartig.
Ich würde es mir aber auch mal wünschen, den Packen einfach mal ablegen zu können. Einschlafen in dem Bewusstsein: Alles ist gut. In den Urlaub zu fahren und alles hinter sich lassen zu können. Sich auf etwas freuen können ohne gleichzeitig zu denken: Wenn es die Gesundheit denn zulässt. „Aber man hat ja keine Wahl“, sagte eine Freundin, die auch mit genug Sorgen unterwegs ist.
Martin Gutl, österreichischer Priester-Dichter, schreibt im Hinblick auf Ostern („Die Ewigkeit der drei Tage„):
„Drei Tage warten –
Vom Standpunkt der Ewigkeit aus
ist das Warten keine Kunst.
Doch mit dem Blick auf unsere Herzen
können drei Tage eine Ewigkeit sein.“
Das kommt schon in den Geschichten der Bibel zum Ausdruck: Die Kreuzigung ist höchst real und wird auch so beschrieben. Die Auferstehung dagegen ist geheimnisvoll. Nie wird ganz deutlich: Haben die Jüngerinnen und Jünger alles bloß ausgedacht? Waren es Halluzinationen? War Jesus ein Geist oder ein Mensch? Die Auferstehung ist ein Ereignis aus einer anderen Welt. Es kommt – oder auch nicht. Wir haben es nicht wirklich in der Hand.
„Warten können“ ist ein anderes Gedicht von Martin Gutl, das mich schon als Student sehr beeindruckt hat. Geduld sei eine christliche Tugend, sagt man so schnell. In der Tat: Vielleicht hat Geduld viel mehr mit Glauben, mit Vertrauen zu tun als ich bisher dachte.
Warten können, das wäre was.
Berührt mich!
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Hallo Erik, solltest du noch eine neue Chemo bekommen müssen, vielleicht wäre für dich die aktuelle plus-minus Sendung von heute auf ARD ganz interessant. Ich hoffe für dich, dass dich das nicht betrifft. Ist schon schlimm, was um des lieben Geldes willen, so alles möglich ist.
Also bei Interesse in der Mediathek noch abrufbar: http://www.ardmediathek.de/tv/Plusminus/Warum-verschreiben-%C3%84rzte-fragw%C3%BCrdige-Kre/Das-Erste/Video?bcastId=432744&documentId=50845480
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Vielen Dank für den Hinweis, liebe Christina. Von dieser Studie habe ich auch schon gehört und gelesen. Ich habe aber den festen Eindruck, dass die Ärztinnen und Ärzte im UK Eppendorf mich nach bestem Wissen und Gewissen aufklären. Wir fühlen uns von ihnen wirklich sehr gut betreut, sie nehmen sich fast alle außergewöhnlich viel Zeit und sind sehr offen. Das hilft, auch wenn die Ergebnisse, die sie uns eröffnen, nicht immer erfreulich sind. Die letzten PET/CT-Ergebnisse werden zurzeit mehrmals geprüft und diskutiert. Aber das zeigt auch schon: In diesem Bereich ist viel möglich – und viel unsicher. Und auch das wird uns nicht verschwiegen. Ich kann das UKE nur empfehlen.
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Ich denk an Euch und wünsche Euch Kraft und Durchhaltevermögen und trotzdem einen schönen Urlaub.
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Auch schwiegen kann ein Zeichen der Verbundenheit sein. Als ein solches ist es zu verstehen, dass ich mich auf die Neuigkeit aus dem UKE noch nicht gemeldet habe.
Mit welchen Worten kann ich euch mein Mitgefühl, „Mitleid“, meinen Schrecken und meine Hilflosigkeit vermitteln? Worte sind zu klein dafür.
Helfen könnte vielleicht ein Händedruck, ein Blick, eine Umarmung. So fühlt euch von mir umarmt.
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Manchmal sind es einzelne Sätze, ein Zeichen der Anteilnahme, was unmittelbar hilft. Aber es ist auch das Bewusstsein, dass Ihr alle da seid, das uns stärkt und befähigt, auch nach sehr mittelmäßigen Nachrichten wieder in die Spur zu kommen. Das dauert dann vielleicht etwas länger – aber auch dafür danken wir Euch.
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