* Von Menschen und Göttern

AlgerienDer Film beruht auf wahren Begebenheiten. Algerien, 1993. Neun Mönche leben in einem Kloster in Tibhirine. Sie haben sich dem Land und seinen Menschen gewidmet. Und deshalb studiert Bruder Christian den Koran, Bruder Luc heilt die Kranken des Dorfs und alle nehmen teil am Leben der Dorfgemeinschaft. Ihr Leben wird bestimmt durch den Rhythmus der Gebete und die tägliche Arbeit.

Dann geraten sie in den mörderischen Konflikt zwischen Militär und Islamisten. Ihre Lage wird lebensgefährlich. Und für die Brüder beginnt ein persönlicher und gemeinsamer Entscheidungsprozess: Bleiben oder gehen? Abt Christian will unbedingt bleiben. Luc sagt: Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich bin ein freier Mann. Christophe aber will nicht sterben, ihn schüttelt die Angst. Und auch andere sind unentschlossen. Schließlich aber beschließen sie alle zu bleiben. Am Ende werden sie entführt und finden den Tod – man weiß bis heute nicht, durch wen.

Es ist ein langsamer Film, ohne Spannungsbogen und ohne Happy End. Und doch einer der für mich faszinierendsten. Er begleitet die Mönche auf ihrem Weg zur Entscheidung, ohne sie zu verherrlichen oder zu verunglimpfen und ohne indiskret zu sein. Die Brüder kommen mir nahe in ihren Emotionen und Entscheidungen, auch wenn ich ihren Eintritt ins Kloster immer noch nicht nachvollziehen kann.

Vor allem aber stellt er die ganz großen Fragen: Wozu bin ich da, was ist meine persönliche Berufung? Wie bekomme ich innere Freiheit? Wie können wir dem Hass und den Konflikten in der Welt – und um uns herum – begegnen?

In einer Szene stürmen Islamisten in das Kloster. Der Anführer befiehlt den Mönchen mitzukommen, um einen verletzten Kämpfer zu behandeln. Christian lehnt ab, weil er sich den Dorfbewohnern verpflichtet fühlt. Dann solle er wenigstens die Medikamente herausrücken. Auch das verweigert der Abt. Und der Islamist sagt, mit der Waffe in der Hand: Du hast keine Wahl. Und Christian entgegnet: Doch, ich habe die Wahl.

Man hat immer eine Wahl – wenn man bereit ist, den Preis dafür zu zahlen. Und der höchste Preis ist der Tod. Und in der Tat: Sieben Mönche werden ihre Entscheidung nicht überleben. Am Ende des Films gehen sie durch den Schnee in den Nebel, der sie verschluckt – ein Bild für die Ewigkeit?

Ein Kritiker des Films schrieb: „Rational wäre es gewesen, das Kloster zu verlassen, bis sich die Lage stabilisiert … Die Entscheidung dort zu bleiben ist irrational, wie eben Glauben überhaupt, ob christlich oder islamistisch.“ In der Tat, das Handeln der Mönche geht über die Vernunft hinaus. Und sicher hätten die Mönche theoretisch nach einer späteren Rückkehr weiter medizinisch und sozial tätig sein können. Wenn sie denn hätten zurückkehren können.

Es geht aber um noch mehr. In einem Gespräch eröffnen die Mönche den Dorfbewohnern, dass sie sie vielleicht verlassen werden. „Wir sind wie Vögel“, sagen sie. „Wir wissen nicht, ob wir weiterziehen.“ Da antwortet eine Frau: „Die Vögel sind wir. Sie sind der Baum. Wenn Sie fortgehen, wo sollen wir Kraft schöpfen?“ Viel mehr als um caritative Hilfe geht es um Beziehung und Vertrauen, um Hingabe und Verlässlichkeit.

Wenn so Kirche wäre, dann hätte sie ihr Mitgliederproblem vielleicht nicht gelöst. Ganz sicher aber wäre sie glaubwürdig und ganz nahe an dem, was Jesus gesagt und vorgelebt hat.

Das Beitragsbild zeigt das Kloster Tibhirine, von Ps2613 – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11511304

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