Von meiner Studentenzeit kann man eigentlich nicht erzählen, ohne auch vom Trampen zu berichten. Meine Familie, ihr müsst jetzt ganz stark sein – möglicherweise habe ich das Thema im engsten Kreis schon ein paar Mal zu oft angeschnitten. Denn entweder werde ich sofort unterbrochen, wenn auch nur der Verdacht besteht, dass ich davon anfange. Oder ich löse eine Koma-Epidemie aus.
Aber es waren auch legendäre Zeiten, als an den Raststätten und Straßen die Jugendlichen standen mit dem Daumen im Wind. Ich hatte kein Auto damals, kaum Geld, aber besonders in den Semesterferien verhältnismäßig viel Zeit. Und irgendwie musste ich ja zu meinen Studienorten kommen, Neuendettelsau in Franken und Heidelberg, Berlin und Basel. Oder nach Griechenland, Italien und Frankreich. Aber das Finanzielle war nur ein untergeordneter Aspekt.
Es war das Gefühl dieser besonderen Freiheit. Nicht zu wissen, wann man weiterkam und wo man abends war. Meistens habe ich es bis zum Ziel geschafft. Aber manchmal war es auch das Zelt eines Mittrampers, das Jugendzentrum in Zürich, eine Kiffer-WG in Köln.
Ich traf viele sehr unterschiedliche Menschen auf dem Weg und kannte auch das Gefühl von Einsamkeit. Und wenn ich heute Janis Joplin hörte, Me and Bobby McGee, dann ist es wieder da:
Nur dass ich keine Bobby hatte, die mich warm hielt. Ja, einmal ließ ich sie sogar stehen, weil sie mit dem Zug fahren wollte…
Es war Gegenteil und Kontrapunkt zur christlich-frommen Schulzeit: Freiheit und Individualität, weder Verantwortung noch Verpflichtungen. Es war großartig. Und da ich bis heute den Blues nicht wirklich gut singen kann, hielt ich mich an Hannes Wader, Heute hier, morgen dort.
Es gehörte offenbar so sehr zu mir, dass Thomas seine Versionen davon auf meiner Hochzeit und der Silberhochzeit sang.
Ich möchte die Zeit nicht missen. Und schon gar nicht die Geschichten, die damit verbunden sind. Aber die erzähle ich am besten, wenn meine Familie nicht zuhört.