Heute Vormittag waren wir beim Open-Air-Gottesdienst. Es war wieder mal eine tolle Stimmung. Mehrere hundert Menschen aus den Schnelsener und Niendorfer Gemeinden, Katholiken, Lutheraner und Freikirchler, feierten bei schönstem Wetter zum Thema „Offene Türen“. Keine Frage, die Türen waren offen. Mit der Ökumene haben wir traditionell keine nennenswerten Probleme. Wir verstehen uns prima.
Und so ist das doch einmal gemeint gewesen, damals, als es angefangen hat in Jerusalem. Jesus war gestorben, aber seine Nachfolger – die Apostel – überkam es plötzlich: Sie gingen in die Öffentlichkeit, redeten von ihrem gekreuzigten Meister – und alle verstanden sie in ihrer eigenen Sprache. Und offensichtlich hatten sie, die doch mehrheitlich aus eher einfachen Berufen kamen, keine Probleme, die Herzen und Köpfe unterschiedlichster Menschen zu erreichen. Das bleibt für uns Predigende auch nach 2000 Jahren immer noch ein Ziel, das wir nicht immer erreichen. Heute aber wurde wirklich, was die Menschen damals schon erlebten: Sie waren einmütig beieinander und lobten Gott.
Natürlich kann man nachfragen: Meinen wir wirklich alle dasselbe, wenn wir von Ökumene sprechen? Ökumene ist doch ganz einfach, sagen die einen. Ihr müsst nur alle wieder katholisch werden, wie vor der Reformation. Och, meinen die anderen, es würde uns schon reichen, wenn ihr uns als eigenständige Kirche anerkennt und bei uns zum Abendmahl kommt. Nun, da gehen wir lieber nicht so sehr ins Detail. Und im freundlichen und entspannten Miteinander im Alltag und beim Gottesdienst sind solche Fragen dann auch nicht so wichtig.
Viel schwieriger empfinde ich es aber, wenn ich unseren geschützten kirchlichen Raum verlasse. Da habe ich oft den Eindruck, dass wir verschiedene Sprachen sprechen. Nicht nur, dass ich Nichtkirchlern nur schwer begreiflich machen kann, was „Kyrie eleison“ im Allgemeinen und speziell für Gottesdienstbesuchende bedeutet. Schon beim Begriff „Religion“ fängt es an. Nicht wenige sind offenbar überzeugt davon, dass Religiöse mindestens merkwürdig, im Grunde aber irgendwie minderbemittelt sind. Und es fällt mir unglaublich schwer zu vermitteln, dass ich Religion und speziell die christliche trotz aller Zweifel sehr faszinierend und bedeutend finde.
Aber vielleicht geht es auch gar nicht darum, dass ich anderen Menschen den Glauben nahe bringe. Es geht auch anders herum. Da erklären mir andere, was ich an der Bibel bisher nicht so richtig verstanden habe. Zum Beispiel wenn Jesus sagt: Dein Glaube hat dir geholfen. Und Ärzte mir erklären: „Nun haben wir alles geschnitten und bestrahlt und therapiert. Jetzt kommt es auf Ihre Einstellung an: Wenn Sie mit Verstand und Gefühl an das Leben glauben und dem Krebs den Finger zeigen, dann kann das den Heilungsprozess enorm unterstützen.“ Dann ist das doch sehr vergleichbar, oder?
Das ist dann wie Pfingsten, nur andersherum.
Bilder: (c) Erik Thiesen, vom Open-Air-Gottesdienst in Niendorf, Pfingstmontag 2017; die Karte mit dem pfingstlichen Altarbild von St. Ansgar, Niendorf, wurde dort verteilt.
Toll, dass Ihre Ärzte das sagen. Und sie haben ja tausendmal recht. Mit Verstand und Gefühl an das Leben glauben: Ist das nicht die Haltung, die uns allen gut tut, denen, die (noch) gesund sind oder es zu sein meinen, und denen, die im Moment krank sind?
Ein schöner Satz: Glauben heißt, mit Verstand und Gefühl an das Leben glauben – in dem Wissen, dass wir alle sterben müssen.
So weit sind wir gar nicht von den „Nichtkirchlern“ entfernt. Und dabei kämpfe ich für ein religiöses Minimalprogramm für unsere Enkelkinder, die allesamt nicht getauft sind. Ich denke dabei viel zu verbissen. Das Vertrauen müsste genügen. Es liegt auch gar nicht viel in meiner Hand. (Leider.)
Besser ist ein positiver Satz zum Abschluss. Also: Mehr Glauben wagen… (Ist das nicht mit dem Satz aus dem wunderschönen Liliengleichnis gemeint: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen“?)
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