Raum-Wechsel

Vor einigen Tagen musste ein Freund von seiner Mutter Abschied nehmen. Er schrieb: Was ihn getröstet habe, sei das Bild, dass wir nicht weggehen, sondern nur den Raum wechseln. Er bezog diesen Gedanken auf seine Mutter wie auf unsere Situation.

Dahinter steht der Gedanke, dass wir in allen Wechselfällen des Lebens und selbst im Tod uns selbst nicht verlieren. Nicht unsere Umgebung macht uns aus. Der Freund schrieb: „Das, was wirklich wichtig ist, habt Ihr in Euren Herzen.“ Und bei aller Skepsis, allen Zweifeln und aller Unsicherheit – wir spüren einen Grund, der uns durchträgt.

Genau diese Erfahrung haben wir jetzt auch gemacht. Wir sind umgezogen. Wir haben die Räume verlassen, die uns 26 Jahre lang beherbergt haben, die unser Zuhause waren. Und zum Schluss bin ich noch einmal durch alle Räume gegangen: die, in denen unsere Kinder aufwuchsen, in denen wir gemeinsam gelebt, geredet, geliebt und gestritten haben. In denen Freunde und Bekannte zu Besuch waren, Tauf- und Traugespräche geführt und Predigten geschrieben wurden. Ich bin durch den Garten gegangen, und er zeigte sich noch einmal in seiner ganzen Pracht. Und mir wurde bewusst: Es waren nicht die Räume, an denen ich hing. Viel wichtiger waren mir die Erinnerungen an Begegnungen und Erlebnisse: Feste wie die beiden im letzten Jahr: Das „Engelfest“ nach der ersten OP und das „Silberfest“ zum 25-jährigen Gemeindejubiläum. Oder die drei Konfirmationen der Kinder. Ostereiersuchen. Grillen mit Familie und Freunden. Es sind die Menschen, die die Räume wichtig und bedeutsam machten.

Garten1

Und all das verlieren wir ja grundsätzlich nicht. Wir hoffen, auch in den neuen Räumen Menschen begrüßen zu können, zu feiern und zu reden. Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen soweit es die Umstände zulassen.

Und wenn wir keine Zeit mehr dazu haben sollten? Wenn wir den irdischen Raum verlassen und uns trennen müssen? Ich weiß es nicht. Es wird mit Sicherheit hart.

Bis dahin möchten wir die Zeit nutzen. Hier, auf der Erde. Denn bis zum Beweis des Gegenteils glaube ich mit Christoph Schlingensief: „So schön wie hier kann’s im Himmel gar nicht sein.“

Zum Markt 1

Bilder vom Straßenschild „Zum Markt“, dem Garten des Pastorats in der Promenadenstraße und dem Haus „Zum Markt 1“ von (c) Erik Thiesen

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