Es ist eines der bekanntesten christlichen Gedichte: Die „Spuren im Sand“ von Margaret Fishback Powers. Sie erzählt von einem Traum: „Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn. Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten, Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben. Und jedes Mal sah ich zwei Fußspuren im Sand, meine eigene und die meines Herrn.“ Und sie sah, wie sich in den schweren Zeiten nur eine Spur zeigte und beklagte sich bei Jesus: Warum hast du mich gerade da verlassen. Und er antwortet: Das tat ich nicht. Da habe ich dich getragen.
Als ich dieses Gedicht zum ersten Mal hörte, war ich tief gerührt. Es ist Ausdruck einer tiefen Sehnsucht: dass man niemals alleine ist – und der Erfahrung, dass auch in unseren dunklen Zeiten nicht alles verloren war.
In den letzten Tagen saß ich oft am Schreibtisch und sortierte meine Sachen: Was kann mit in die neue Wohnung, was kann weg? Und mir fielen, Streiflichtern gleich, Bilder und Texte aus meinem Leben in die Hände. Bibelarbeiten aus der frommen Schülerzeit, Gedichte und Reisenotizen aus dem Studium, Tagebücher aus den Achtzigern, Gedanken und Protokolle, Briefe und Fotos. Anders aber als bei Fishback Powers waren es nicht ein oder zwei Spuren, sondern ganz viele und unterschiedliche.
Und Jesus war auch nicht der Herr, der mich in dunklen Zeiten getragen hat. Eher wie ein großer Bruder, der wie ich seine Schwierigkeiten mit dem Vater hatte, der ja wiederum auch unser gemeinsamer ist. Einer, der immer wieder auf die warme, weiche und fürsorgliche Seite Gottes hingewiesen hat. Mit ihm, wie in Gethsemane, gekämpft und nach ihm am Kreuz gerufen hat. Einer, der ein bisschen schräg und offensichtlich einem guten Glas Wein (z.B. aus Kana) nicht abgeneigt war. Und wild entschlossen, sich nie zum Opfer oder Spielball machen zu lassen, weder von den Römern noch von den Israeliten noch vom Vater selbst.
Mit ihm habe ich mich eigentlich immer gut verstanden. Er hat mich zwar nicht wirklich getragen, aber er hat mich oft aufgerichtet. Und das fand ich im Grunde auch viel besser – denn eigentlich kann ich doch selber laufen.
Erik, Deine so bodenständige und ehrliche Sichtweise auf die Bibel finde ich sehr erfrischend. Sie nimmt für mich die Schwere der glorifizierten und unterwürfigen Herangehensweise an die Religion. Man darf hinterfragen und die Aussage der Texte als Denkanstöße nehmen. Aber es steht einem frei, sie im Kontext des eigenen Lebens und der eigenen Lebensanschauung anzupassen. Vielen Dank dafür. LG Claudia
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