Hilft mir der Glaube?

5. Teil der Reihe über die Exerzitien. Bingen, 19. Juli 2016 – siehe Themensuche

In der Bibel wird berichtet, dass Jesus Menschen geheilt hat. Danach sagt er zu manchen Geheilten: „Dein Glaube hat dir geholfen“. Während der Exerzitien wurden wir auch gefragt: Gab es Situationen, in denen dir dein Glaube geholfen hat? Die Antwort sollte mir nicht schwer fallen. Schon öfter haben mich Menschen darauf angesprochen: „Sie haben es gut, Herr Pastor. Sie haben einen Glauben, der Ihnen in schweren Situationen hilft.“

Leider ist es nicht ganz so einfach. Denn ich „habe“ keinen Glauben. Ja, ich habe Selbstvertrauen, das mir in manchen Situationen gute Dienste getan und eine gewisse Naivität, die mir schon manchmal geschadet hat. Ich habe einen Verstand, der mich Dinge erkennen lässt und ich habe manchmal Angst, die mich lähmt. Aber einen Glauben, den ich haben könnte, kann ich bei mir nicht so recht identifizieren. Zumindest fehlt mir der Glaube an einen Gott oder eine Heilige wie Aldegundis von Maubeuge, die meine Krankheit auf magische Weise heilen könnten. Ich vertraue dann doch eher auf die Ärzte, die mir schon nachweislich das Leben gerettet haben.

Und doch gibt es da etwas, das nicht recht zu fassen ist. Bei meinem Gespräch vor meiner ersten OP meinte der Chefarzt, nachdem er mir sein Vorgehen erklärt hatte: „Und das Übrige legen wir in höhere Hände.“ Ich dachte, er würde das sagen, weil ich Pastor bin. Deswegen meinte ich, dass ich schon auf seine ärztliche Kunst vertrauen würde. Aber er bekräftigte: „Wir sind nur die Ausführenden.“ Offensichtlich rechnete er mit einer höheren Macht. Und seltsam, diese Demut, die er zeigte, steigerte mein Vertrauen in ihn.

Auch die Mediziner erwarten nicht alles von der Schulmedizin. Ob Onkologinnen oder Chirurgen, Psychologen oder Vertreterinnen der Chinesischen Medizin, sie alle betonen: Es kommt ganz wesentlich auf die Einstellung an. Der Mediziner und Kabarettist Eckart von Hirschhausen preist die Wirkung von Placebos – Medikamenten, die keine Wirkstoffe enthalten. Ja, er meint sogar: Placebo ist gelebtes Christentum. Ich sehe da auch deutliche Parallelen zum Glauben.

In der Bibel steht: „Was ist denn der Glaube? Er ist ein Rechnen mit der Erfüllung dessen, worauf man hofft, ein Überzeugtsein von der Wirklichkeit unsichtbarer Dinge.“ (Hebräer 11,1, Neue Genfer Übersetzung) Ja, ich bin davon überzeugt, dass es diese unsichtbaren Dinge gibt. Und ich hoffe – auf eine gute Diagnose, auf das Glück meiner Familie, auf ein entspanntes Zusammenleben im Stadtteil und auf noch manch anderes. Aber rechne ich auch mit der Erfüllung? Manchmal habe ich dieses Zutrauen. Dann aber habe ich auch wieder das Gefühl, über sehr dünnes Eis zu gehen. Nein, diesen Glauben „habe“ ich nicht. Ich bitte aber darum.

2 Gedanken zu “Hilft mir der Glaube?

  1. Ingelor Schmidt schreibt:

    Lieber Erik Thiesen,

    dieses Gebrochene Licht hat mich ganz besonders angesprochen: Ich bitte mit Ihnen.

    Ich las, dass Ihnen Lanzarote gut getan hat, wie schön. Nun warte ich auf weitere gute Nachricht von Ihnen.

    Liebe Grüße, auch an Ihre Frau

    Ihre

    Ingelor Schmidt

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  2. Thomas schreibt:

    Liebe Ute, lieber Erik !

    Vielen Dank für die schöne Zeit gestern bei Euch ! Hoffentlich war es nicht zu viel für Euch – einen Tag vor dem wichtigen und bedeutungsvollen Gespräch heute !

    Erik, manchmal beneide ich Dich um Deinen ehrlichen und authentischen Glauben … Manchmal denke ich an die Worte Martin Luther Kings, der sinngemäß gesagt hatte : Gott möchte das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln – zuletzt in den leuchtenden Morgen in seiner ewigen Herrlichkeit. Wäre das schön, wenn es wirklich so ist …

    Auf jeden Fall vertraue ich wie ein kleines Kind darauf, dass er helfen kann,das Schwere, Rätselhafte und Unbegründbare dieses Lebens zu ertragen – Euch und uns ! Und alles andere lege ich – so naiv es klingt – in seine Hände … : Ein sehr sympathischer Arzt, der Dich da begleitet !

    Ich möchte leben, jeden Tag und jede Sekunde – und möchte mich nicht mehr länger quälen mit Fragen, auf die mir ohnehin keiner eine Antwort geben kann … im Grunde möchte ich lernen, an manchen Punkten die Sinnlosigkeit meiner Existenz zu ertragen und auszuhalten und meinem Leben bis zur letzten Sekunde selbst so viel Sinn wie möglich zu geben und jede mir verbleibende Sekunde so intensiv und auch verantwortlich zu geniessen und zu gestalten wie möglich … : Leben – Tag für Tag – als das kostbarste Geschenk, das uns – meinetwegen auch von Gott – anvertraut ist … auch wenn uns manchmal „zum Heulen“ zumute ist !

    Ich freue mich auf eine Nachricht von Euch !

    Thomas

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