„Es gibt nur eine Frage“, schreibt der Rabbiner Harold Kushner in seinem sehr lesenswerten Buch „Wenn guten Menschen Böses widerfährt“, „die wirkliches Gewicht hat: Warum widerfährt guten Menschen Böses? … Eigentlich jedes bedeutungsvolle Gespräch, das ich jemals über das Thema Gott und Religion führte, fing entweder mit dieser Frage an oder drehte sich bald um sie.“
In der Bibel gibt es zwei große Geschichten, die sich mit dieser Frage befassen. Die eine ist das Buch Hiob im Alten Testament. Und die andere die Passionsgeschichte Jesu im Neuen. Beide enden ähnlich. Hiob wie Jesus ergeben sich in ihr Schicksal. Hiob sagt, nach schier endlosen Diskussionen mit Freunden und mit Gott: „Darum gebe ich auf und bereue in Staub und Asche.“ (Hiob 42,6) Und Jesus sagt: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ (Lukas 23,46)
Und beide Geschichten haben ein Happy End. „Hiob lebte danach 140 Jahre und … starb alt und lebenssatt.“ (Hiob 42,16-17) Und Jesus ist auferstanden, wie wir es jetzt wieder an Ostern feiern.
Und doch unterscheiden sich beide. Bei Hiob hört es sich an, als ob er eine Belohnung für die Unterwerfung unter die Allmacht Gottes bekommt. Von Jesus aber sind zwei alternative „letzte Worte“ überliefert. Nach Johannes sagt er: „Es ist vollbracht.“ Und Matthäus und Markus lassen ihn rufen: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Deshalb ist mir Jesus näher als Hiob. Ich gebe nicht auf, ich widerrufe nicht und ich bereue nicht. Dagegen kenne ich das Gefühl, von Gott verlassen zu sein – zumindest von dem guten Vater, von dem Jesus immer wieder erzählt hat. Aber ich habe auch schon gesagt: So wie es kommt, kommt es. Ich befehle meinen Geist in Gottes Hand. Und denke dabei auch an den irischen Segenswunsch: „Möge der Herr dich in seiner Hand halten, aber nie seine Faust zu fest zumachen.“
Und dann kommt für Jesus die Auferstehung. Aber nicht als Belohnung. Noch nicht einmal sehr real. Er erscheint seinen Freunden wieder, doch sehr geheimnisvoll. Jesus taucht unmittelbar auf und verschwindet wieder wie ein Geist. Er lässt sich berühren und dann wieder nicht. Er wirkt wie ein Fremder und dann wieder ganz nahe. Und fährt dann auf in den Himmel.
Aber er hinterlässt Kraft und Zuversicht. Die an ihn glauben, finden sich mit der Zeit zu einer Gemeinschaft zusammen. Sie erzählen sich die hoffnungsvolle Geschichte weiter, die kraftvolle Geschichte: Wir haben Jesus gesehen. Das Leben geht weiter. Doch muss jeder, jede einzelne die Erfahrung selbst machen.
So ist es auch bei uns: Die Krankheit, Schmerzen und Schwäche, auch der Tod sind real und greifen nach uns. Aber dagegen steht die Hoffnung. Sie ist nicht greifbar, manchmal weit weg und manchmal ganz nah. Aber wir erzählen uns die kraftvollen Geschichten vom Leben. Und wir werden unterstützt von Gebeten, Gedanken und ganz konkreten Hilfestellungen.
Das bedeutet Auferstehung heute für uns.