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Teil der Reihe über den Atheismus
Die Auseinandersetzung mit dem Atheismus hat für mich schon immer einen großen Reiz gehabt. Schließlich geht es bei der Frage nach Gott nicht nur um die Fundamente der Erkenntnis und der Welt, sondern vor allem auch um meine persönlichen Grundlagen. Für mich als Pastor ist das ja besonders heikel. Käme ich zur Erkenntnis, die ganze „Sache mit Gott“ (Heinz Zahrnt) wäre Unsinn, wäre meine berufliche Zukunft gefährdet. Käme ich zum Schluss, an „Gott“ wäre etwas dran, könnte deshalb der Wunsch der Vater des Gedankens sein.
Atheisten lehnen den Theismus, das heißt den Glauben an einen persönlichen Gott, ab. Religiöse Menschen, sagen sie, glauben an einen imaginären Freund. Aber das beruhe nur auf Einbildung. Niemand hat Gott je beweisen können.
„Man kann aber auch nicht seine Nichtexistenz beweisen“, sagen andere. „Man weiß es eben nicht. Wir halten uns raus.“ Das sind dann die Agnostiker.
Wer hat nun Recht? Gibt es denn nun (einen) Gott oder nicht?
Die Antwort der Naturwissenschaft ist eindeutig: Selbst wenn es ihn gäbe, interessiert er uns nicht. Wissenschaft basiert auf dem Grundsatz „etsi deus non daretur“ – das ist lateinisch und heißt „als wenn es Gott nicht gäbe“. Und die letzten 400 Jahre haben gezeigt: Gott als Erklärungsmodell für irgendwelche Ereignisse in dieser Welt hat ausgedient. „Jedes Mal, wenn die Kirche ihr eigenes Bild von dem, was in der Welt geschieht, vorlegte und wenn es gleichzeitig zum selben Thema eine wissenschaftliche Alternative gab, hat diese sich als die bessere erwiesen. Jede Schlacht wurde von der Kirche verloren und zwar unwiderruflich.“ (Pascal Boyer, zit. nach „Glaube und Wissen“)
Da können mich auch zwei „Gottesbeweise“ nicht überzeugen, die heute noch eine Rolle spielen. „Wenn die Theorie vom Urknall stimmt – was war vor dem Urknall?“, fragen einige. Eine Variation ist die Aussage: „Wir werden nie alle Fragen wissenschaftlich beantworten können.“ Beide Aussagen weisen Gott einen Platz am Rande unserer Erkenntnis zu. Gott ist dort, wo unser Verstand (noch) nicht hinreicht. Das eliminiert Gott aus unserer erfahrbaren Welt – und für die Wissenschaft ist das auch kein Problem: Sie hat nicht den Anspruch, „alles“ zu erklären, sondern sie will forschen ohne Denkverbote. „Gott“ an irgendeiner Stelle der Theorie stört dann nur.
Der „Gottesbeweis“ des Mathematikers Kurt Gödel geht auf Leibniz zurück, der meinte: Wenn man etwas denken kann, gibt es das auch. Da ich Gott denken kann… Und damit schrumpft Gott auf eine Theorie meines Geistes. Mathematisch bestimmt schlüssig, theologisch fragwürdig.
Dagegen finde ich Florian Freistetters Argumentation sehr überzeugend, der zum Schluss kommt, „dass sämtliche ‚Gottes‘-Begriffe, die der Menschheit bisher eingefallen sind, zuverlässig widerlegt wurden. Aus diesem Grund, kann man beruhigt feststellen, dass es mit absoluter Sicherheit keine „Götter” geben kann … (Das schließt) natürlich nicht aus, dass es einen Bereich des Seins gibt, in dem unsere Vernunft versagt. Aber zu diesem Bereich können wir eben nichts sagen. Gar nichts … Ludwig Wittgenstein formulierte (es) einmal sehr treffend in Satz 7 seines Tractatus logico-philosophicus …: ‚Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.‘”
Hundert zu null also für die Wissenschaft? Der Wissenschaftler in mir ist an dieser Stelle zufrieden. Der Pastor aber sagt: Da muss es doch noch etwas geben…?
Realität ist das, was nicht verschwindet
wenn man aufhört daran zu glauben.
Philip K. Dick
Sehr geehrter Herr Thiesen,
habe heute von ihrem Blog im Wochenblatt gelesen und fühlte mich von ihren Beiträgen gleich angesprochen, da sie für mich ein Ausdruck der Suche nach Wahrheit sind, der auch ich mich verpflichtet fühle. In einem Kommentar zu einem Ihrer Blogs eine Empfehlung zur Herzensmeditation, ich kenne diese spezielle Meditation nicht, aber nachfolgendes Gedicht drückt möglicherweise perfekt aus was jedes menschliche Herz sich wünschen kann:
All we have to do
is slow down, and let this meditation take place.
It’s like waves lapping upon the shore
every breath followed by another.
We must be right inside for every wave
not back at the last one or pushing the next one,
but gently, slowly, and lovingly,
feeling the soft strength that is life.
When we do this, hour upon hour,
we can come to each other like children.
If we follow the path of the Name,
this love will be there inside constantly.
But we must slow down and let the softness move us.
It is through the door of the present moment
that God enters into your life.
And it is through you that he enters into
the life of the world.
Perfect meditation creates love,
Perfect love sanctifies union,
Perfect union is the goal.
Meditation is the only medium
through which you can increase your love.
And love will spring forth,
will make you one.
And finally, everything will be organized.
Prem
Ich wünsche Ihnen auf Ihrem Weg alles Gute
Friedhelm B.
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Lieber Friedhelm,
das Zitat von Philip K. Dick finde ich ganz treffend. Man könnte nun sagen: Wenn ich aufhöre an Gott zu glauben, dann verschwindet er. Bei mir ist es aber nicht so einfach der Fall. Auch wenn ich nicht an ihn glaube, bleibt er – oder zumindest die Frage nach ihm.
Und auch das Gedicht ist sehr schön. Ich hake allerdings persönlich bei dem Satz „Perfect union is the goal“. Ich glaube, ich möchte mich gar nicht mit allem verbinden. Gegen das Übel, in welcher Form auch immer, sperre ich mich. Noch, zumindest. Vielleicht kommt es ja noch in dieser Welt, vielleicht dann, wenn „Gott alles in allem“ ist, wie es Paulus in der Bibel formuliert (1. Korintherbrief 15, 28).
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In Kürze erstmal so viel:
Perfect union is the goal: gemeint ist die vollkommene Vereinigung mit dem Schöpfer, mit Gott, dem Guten… sich mit dem Schlechten zu verbinden gelingt vielen Menschen leider auch, allerdings ist das nie eine vollkommene Vereinigung, da die Natur des Menschen das „Gute“ ist, somit bleibt immer ein Widerspruch bestehen. Man sieht das in den Gesichtern der „bösen“ Menschen geschrieben, oder wie jemand sagte, „Jeder Mensch hat einen Begleiter. Seine Taten“.
Glauben heißt nicht wissen, den Zweifel an Gott kann nur das Wissen (von Gott) ausräumen. Kann man so ein Wissen erlangen? Wohlgemerkt, ein „wirkliches“ Wissen, kein intellektuelles.
LG
Friedhelm
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Diese Unterscheidung finde ich wichtig: Es gibt zwei Arten von „Wissen“. Das „intellektuelle“ ist objektivierbar und damit allen Menschen guten Willens zugänglich. Um wissenschaftlich über etwas reden oder etwas beschreiben zu können, müssen wir dazu einen Abstand einnehmen. Und die Kategorien dafür sind „richtig“ und „falsch“. Dann gibt es noch eine andere Art von „Wissen“. Es ist subjektiv, schwer vermittelbar. Ein Wissen, das in der Liebe und in der Religion eine Rolle spielt. Die Kategorien sind „glaubwürdig“ und „unglaubwürdig“.
Als sich Menschen für Jesus und seine Lehre interessierten, hat er ihnen keinen Flyer in die Hand gedrückt und keine Dogmen erzählt. Er hat gesagt: Komm und sieh. Bis heute wirkt Jesus weniger über seine Lehre, als vielmehr über seine Person – nicht die Person, die er wirklich war, denn darüber „wissen“ wir kaum etwas. Die Evangelien sind keine historischen Berichte und wollten es nie sein. Sie wollten, dass Jesus oder sein Geist oder wie wir es auch immer erfahren und nennen uns berührt. Auf die Art des anderen, wie Sie sagen, „wirklichen“ Wissens. Wirklich nicht, weil es besser, größer oder wichtiger wäre als das andere, sondern weil es verändert, berührt, zum Eigenen wird.
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Das Lesen dieser Seiten und das Verfolgen der Kommentare sind für mich lehrreich und spannend, Jeder sucht den Zugang zu dem ihm innewohnenden Wissen. Wir teilen dasselbe menschliche Leben und können daher aus den Erfahrungen eines anderen lernen. Allein das Thema, was ist „Wissen“ kann wie Erik (danke!) aufgezeigt hat in intellektuelles und subjektives Wissen aufgeteilt werden. Eine weitere Möglichkeit ist es, das Wissen als Gegensatz von Unwissenheit und Wissen dar zu stellen. Dazu ein kurzer Ausschnitt einer Rede meines momentanen Lieblingsautors von dem auch das („meditative“) Gedicht stammt:
„Wenn du weißt, dass Unwissenheit in dir ist, sei demütig und bleibe demütig. Nimm Demut an. Warum? Weil auch Unwissenheit in dir ist. Pass gut auf deinen Kopf auf. Denn wenn das Schwert des Unwissens zuschlägt und du den Kopf ein wenig zu hoch trägst, wird er dir abgeschlagen.
Was meinst du? Wer wird das größte Opfer deiner Unwissenheit? Kein anderer. Du! Wenn du wütend wirst, meinst du, dass ein anderer zum Opfer deiner Wut wird? Nein. Zu aller erst wirst du zum Opfer deiner Wut. Dein Blutdruck wird als erstes steigen. Ob der Blutdruck deines Gegenübers auch steigt, steht auf einem anderen Blatt. Du bekommst die Kopfschmerzen. Dein Blutdruck steigt. Du kriegst einen roten Kopf. Dir tut es weh. Das erste Opfer deiner Wut bist du. Dann kommen die anderen. Wenn du das nicht weißt, wenn du wütend bist, und Wut ist eine Seuche. ..(??)
Wenn sie kommt, dann klopft sie nicht an die Tür und fragt, ob sie hereinkommen darf. Wo kam sie her? Wann kam sie? Du hast keine Ahnung.
Man sagt, die Wut ist plötzlich über mich gekommen. Ich bin wütend geworden. Das stimmt nicht. Die Wut kommt nicht. Die Wut ist schon da. Sie ist schon vorher da.
Du denkst, du hast die Türen verriegelt, damit niemand hereinkommen kann. Aber viele sind hereingekommen. Deine Wut ist bei dir. Du kaufst eine Fahrkarte für eine Person, aber die Wut fährt mit.
Aber auch dein Mitgefühl begleitet dich. Wissen ist bei dir, ebenso wie Unwissen.“
Friedhelm
PS auch bei der Betrachtung über z.B. eine Erscheinung wie AFD/Pegida könnte diese Herangehensweise zur Entspannung beitragen.
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Lieber Erik, danke für Deine Texte, die viel bewegen und auslösen!
Atheismus – ja… „Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht“ – da finde ich Bonhoeffer sehr beeindruckend. Dieses konsequente religionslose Christentum – verbunden mit der tiefen persönlichen Frömmigkeit! Und dass sich das nicht ausschließt.
Neulich war ich in der Stadt-Akademie HH bei einem Vortrag aus philosophischer und theologischer Perspektive; es sprachen Volker Gerhardt und Dietrich Korsch, Thema natürlich „Reformation“ (genauerer Titel: „Glaubensgewissheit und Weltvertrauen“). Bei Gerhardt hat mich der Gedanke bewegt, dass der Mensch nur in Analogie zu dem denken kann, was er erlebt, und daher das volle Recht hat, Gott als Gegenüber mit „Du“ anzureden. Dieses Du-Sagen – es ist keine Verkleinerung Gottes auf menschliches Maß, sondern eine Rücksichtnahme auf menschliche Möglichkeiten und Grenzen. Das heißt noch lange nicht, dass sich im All oder sonstwo eine Person befindet, sondern bedeutet schlicht das Akzeptieren der menschenmöglichen Kontaktaufnahme mit einer tieferen Wirklichkeit. Mit Sicherheit bieten Meditation und andere Vertiefung da noch andere Möglichkeiten als überhaupt den Weg über Sprache, aber als westlich sozialisierter und außerdem sprachbegeisterter Mensch gehe ich in meiner Form der Religiosität auch stark diesen Weg…
Mir hilft sehr der Gedanke einer „Tiefendimension“ der Wirklichkeit, also die existentielle Denkweise über „Gott“, wie Paul Tillich sie praktiziert (und sich nicht selbst ausgedacht, sondern im Gefolge Heideggers und anderer entwickelt hat). Und trotzdem „Du“ sagen zu dürfen – das finde ich gut, und wir müssen uns dafür nicht entschuldigen.
Trotzdem ist auch die Idee einer wort-losen Vertiefung faszinierend, ich habe aber selber sehr wenig Erfahrung damit und stelle mir auch vor (bzw. weiß es ansatzweise), dass das auch in psychologische Grenzbereiche führen kann. Daher bin ich gespannt, was Du berichten wirst über die Exerzitien mit Bildern und Texten.
Bis bald, herzliche Grüße!
Heidrun
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Liebe Heidrun,
besonders hat mich in Deinem Kommentar der Gedanke beeindruckt, dass das Du-Sagen „schlicht das Akzeptieren der menschenmöglichen Kontaktaufnahme mit einer tieferen Wirklichkeit“ bedeutet. Würde das auch bedeuten, dass die Personalisierung Gottes nicht seinem Wesen entspricht, sondern nur eine Hilfskonstruktion des Menschen ist?
Und zu Tillich ist mir eingefallen, dass wir damals den einprägsamen Satz gelernt haben: Für Tillich ist Gott nicht in der Höhe, sondern in der Tiefe. Und ich habe dazu zwei Zitate aus seinen Religiösen Reden gefunden: „Und wenn das Wort [Gott] für euch nicht viel Bedeutung besitzt, so übersetzt es und sprecht von der Tiefe in eurem Leben, vom Ursprung eures Seins … Wer um die Tiefe weiß, der weiß auch um Gott.“ Gefällt mir auch.
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Ein lebendiger, sehr offener und spannender Diskurs! Ja, ich erlebe immer wieder, wenn es um das Thema Religion. Kirche oder Gott geht, die Aufforderung an mich, der ich vor einiger Zeit wieder in die Kirche eingetreten bin, ich solle Gott doch bitte sehr beweisen. Ehrlich gesagt will und kann ich das nicht!
Was ich weiß und in meinen 6 Jahrzehnten Lebens erlebt habe, ist, dass auch Wissenschaft uns nur einen begrenzten Ausschnitt von Wirklichkeit liefert, von partikularen Erkenntnisinteressen getrieben, der gerade auch in den Naturwissenschaften und ihren Ergebnissen und Modellen immer wieder in Frage gestellt wird, scheinbar so sichere Erkenntnisse durch neue auf die „Müllhalde“ historisch-wissenschaftlichen Denkens geworfen werden.
Was mir immer klarer wird, ist, wie wenig wir im Grunde wirklich wissen und uns gleichzeitig anmaßen, die „Herren der Wirklichkeit“ zu sein und diese logisch und richtig erklären zu können. Da ich schon das letztlich nicht kann, warum sollte ich das dann bei dem Konstrukt „Gott“ tun. Ein Konstrukt, dass für mich ein Hilfsgerüst ist, um dem menschlichen Denken und der menschlichen Existenz Sicherheit zu geben.
Gleichzeitig ist mein Eindruck, dass durch die immer stärkere Vereinseitigung im Gebrauch unserer Sinne ein fortlaufender starker Realitätsverlust vei vielen Menschen stattfindet.
Doch zurück zur Diskussion:
Auch meine Vorstellung eines „Gottes“ ist keine personalisierte. Dazu ist die ganze Schöpfung des Universums viel zu komplex als System, das in sich wechselseitig auf kleinste Einflüsse agiert und reagiert. Mir gefällt der Gedanke des „Akzeptierens der menschenmöglichen Kontaktaufnahme mit einer tieferen Wirklichkeit“ sehr. Das schließt für mich das Anerkennen unserer Begrenztheit und eine gewisse Demut mit ein, erlaubt aber auch Neugierde, Offenheit wie auch den Mut, tradierte Formen der Realitätswahrnehmung zu verlassen. Und sei es der Glaube, dass es viel mehr hinter den von uns wahrgenommenen Wirklichkeitsebenen gibt.
Allein dieser vielleicht simple Glaube leitet mich und macht mir Mut.
An anderer Stelle, bezogen auf den Beitrag „Einen lieben Gott gibt es nicht“ schrieb ich in etwa sinngemäß: Das Bild des „allmächtigen Gottes“ bedeutet mir, dass uns ein Universum und hochkomplexes System umgibt und diese Schöpfung von einer allmächtigen Kraft zeugt, die gleichzeitig ein hochkomplexes Eigenleben führt. Jeder Eingriff, jede Veränderung an einer noch so auf den ersten Blick unbedeutenden Stelle, hat vielfältige Folgen.
Würde ich „Gott“ oder die Schöpfung personalisieren, so stellte ich mir einen „Geist“ vor, der manchmal auch ratlos und verzagt vor seiner Schöpfung steht bei diesem oft turbulenten Eigenleben. Und wo sich schnell die Frage nach dem gut oder böse stellt. Es ist das, was mir ein „Du“ auch so sympathisch macht, weil es mir in meinem „begrenzten“ Lebent oft nicht anders ergeht.
Abschließend gesagt glaube ich heute, dass Polaritäten und Gegensätze unser Leben bestimmen und dies auch gut ist. Was dabei gut oder böse ist, empfinden wir sehr subjektiv und über vieles könnte man trefflich streiten. Insofern sind das Bewertungskategorien, die nicht immer hilfreich sind.
Wenn die Wissenschaft sagt, dass Systeme gleich welcher Art in sich sehr stabil sind und sich immer wieder einpendeln, steckt hier auch ein „Glaube“ dahinter. Ähnlich dem der Religionen, dass ein „Gott“ es schon richten wird.
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Herzlichen Dank für Deine Beiträge, Friedhelm! Ich vergaß das etwas unachtsam zu erwähnen.
Insbesondere der Ausschnitt aus der Rede Deines Lieblingsautors hat mich sehr berührt. Aber das muss noch sacken!
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Lieber Erik Thiesen,
über den Gemeinde-Buschfunk habe ich gehört, dass Sie diesen Blog betreiben. Ich freue mich, dass Sie das machen und finde viel Gutes und Anregendes bei Ihnen, wie so oft 🙂
Besonders die Gedanken zum Agnostizismus und Atheismus finde ich sehr wichtig. Sie sagen, Sie seien als Pastor noch nicht fertig damit, ich glaube, selbst Nietzsche war nie wirklich fertig mit dem Denken an Gott, denn: solange wir den Begriff „Gott“ haben, haben wir auch eine wie auch immer geartete Vorstellung von „ihm“, zumindest definitorisch. Und es scheint unser Schicksal zu sein, dass wir uns daran abarbeiten, ein Leben lang.
Hier ist ein Link zu einer Abbildung der Plastik von Ernst Barlach „Jesus und der ungläubige Thomas“, die Figur steht im Museum des Jenisch-Parks.
Ich habe nie meditiert, von diesem Bildnis aber komme ich nicht los. Was drückt das Gesicht des auferstandenen Jesus aus? Wohin geht sein Blick? Skepsis, dass die Menschen trotzdem nichts verstanden haben? Was soll er, Gott, denn noch machen, damit sie ihn verstehen (vielleicht im Sinne der allumfassenden Liebe?). Aber was hat Liebe mit dem Tod am Kreuz zu tun? Versteht Jesus es selbst? Ist er tatsächlich nur das endgültige Opfer auf dem Hilasterion, wie Benedikt XVI. glaubt? Schaut Gott all die künftigen Toten, die es um seinetwillen noch geben wird (Deus vult, Allahhu akbar… ) und denkt nur: „Ach, Thomas!“? Wir wissen es nicht. Ich denke oft an die Geschichte, die Sie mir vor einigen Jahren einmal zuschickten, und die Sie über Fritz Pleitgen erhalten haben, am Ende der Zeit, wenn Bach und Mozart das Halleluja von Händel mit den himmlischen Chören zu seinem Lob anstimmen. Auch das ist sehr berührend. Und vielleicht ist das das Geheimnis.
Ich wünsche Ihnen viel Kraft und alles Gute, mit Gottes und der Medizin Hilfe Ihren Weg weiter gehen zu können.
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Ich glaube, dass wir enttäuscht werden, wenn wir nach ewigen Wahrheiten suchen, eindeutigen Antworten oder endgültigen Opfern. Wir sind ausgespannt zwischen Geburt und Tod, Glück und Leid, Liebe und Hass (oder Macht?), Bedeutung und Bedeutungslosigkeit. Und merkwürdig: Genau in der Zeit, in der ich das Leben gefeiert habe, klopfte der Tod an die Tür.
Nichts im Leben ist endgültig – und die Auferstehung meint doch: noch nicht einmal der Tod,
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Ich hatte vor zwei Tagen einen kleinen Unfall, Fuß umgeknickt, stark geschwollen, keine Schmerzen, aber jede Menge Gedanken, „was ist jetzt“ und „Wo bleibt deine Zuversicht?“ Inzwischen auf dem Weg der Besserung,aber es hat mich doch nachdenklich gemacht. Wir sind als Menschen sehr verletzlich, nicht nur physich, sondern auch für unser „Inneres“ brauchen wir immer wieder Zuspruch um unsere Klarheit zu bewahren. Daher hier für mich und für alle Interessierten ein Zitat von einem meiner Lieblingsautoren:
„Es ist wahr, dass ich am glücklichsten bin, wenn ich ich selbst bin. Wenn ich der bin, der ich bin – jemand der atmet und von Herzen Dankbarkeit empfindet, dass er lebt – eine Dankbarkeit am Leben zu sein.
Viele sind so beschäftigt damit, herauszufinden, was mit ihnen geschieht, wenn sie nicht mehr leben, dass sie vergessen haben, wie man lebt. Sie sind so in dem Himmel nach dem Tode vertieft, dass sie den Himmel auf Erden vergessen haben. Freiwillig sind sie aus dem Himmelstor hinausgeschritten.
Es gibt einen Himmel auf Erden, und sie sind ausgestattet, vollen Nutzen daraus zu ziehen.
Wo ist dieser Himmel? Nicht in irgendeinem Gebäude. Dieser Himmel ist im Herzen eines jeden Menschen. Die Macht, die uns erschaffen hat und uns so gut kennt, muss sich gedacht haben:
„Wenn ich einen Himmel erschaffe, der sich an einem physischen Ort befindet, weiß ich schon, dass diese Gesellen vergessen werden, wie man dorthin kommt. Sie werden die Adresse verlegen. Sich verirren. Ich weiß, was ich mache: Ich lege den Himmel in sie hinein. Egal, wo sie dann hingehen – sie können nicht verloren gehen.“
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So viele anregende und aufregende Gedanken! Und wie immer hängt alles mit allem zusammen. Es fällt mir schwer, mich für eines der im Blog „vorgegebenen“ Schlagwörter zu entscheiden… Hier nun also zum „Charme des Atheismus“.
Zu Wissen und Unwissenheit bzw. Nichtwissen fällt mir ein, dass im Buddhismus auch davon die Rede ist. Das Nichtwissen oder die „Verblendung“ gilt als eine Ursache für das menschliche Leiden. Das klingt mir einerseits sehr logisch, andererseits zu einfach bzw. sehr theoretisch. Wann weiß ich denn, ob ich etwas weiß? Wann ist mein Wissen „richtig“?
Mein Wissen ist nicht mein Besitz. Wie kann ich verhindern, das „Falsche“ zu wissen? Nicht nur im Zusammenhang mit „Fake News“, sondern auch im Sinne eines Ansammeln bloßer Fakten oder eines lebenslangen Strebens nach einem vielleicht gar nicht erstrebenswerten Ziel.
Der Buddhismus gibt – wie es sich für eine Religion bzw. Philosophie gehört – auch Antworten auf die Frage nach dem „Ausweg“ aus meiner Wissens-Sackgasse. Aber ich möchte hier auf einen weiteren Aspekt kommen.
Mein Verhalten hat Folgen, klar. Ich spiele auf den „Tun-Ergehen-Zusammenhang“ an, der im jüdischen Denken zur Zeit des Alten Testaments eine Rolle spielt. Wenn ich etwas Falsches mache (hier taucht natürlich sofort wieder die Frage auf, was richtig und falsch ist, gut und böse…), dann hat dies direkte Folgen. Mein Fehler ist sozusagen in der Welt und kann nicht einfach zum Verschwinden gebracht werden. Schon dieser sehr plastische Gedanke hat etwas Bestechendes, finde ich. Aber es geht noch weiter: Vor allem fällt mein Fehler auf mich zurück; ich bin das erste oder größte Opfer meines Fehlers (die Christen haben es Sünde genannt).
Tillichs Satz, Gott sei nicht in der Höhe, sondern in der Tiefe zu finden, erinnert mich an eine Bibelarbeit von Jörg Zink (vor vielen Jahren) zur Erzählung vom barmherzigen Samariter. Zink fasste Jesu Lehre kurz zusammen als „lieben und absteigen“. Hat mich sehr beeindruckt!
Was hat dies alles mit Atheismus zu tun? Ist es vielleicht so, dass die Christen (genau wie Muslime, Buddhisten usw.) eine gemeinsame Sprache und Tradition haben, die sie verbindet, während die Atheisten nur verbindet, dass sie etwas ablehnen? Und eine Antihaltung ist ein weniger starkes Band als eine positive Idee. Für uns Christen (um in meiner eigenen Religion zu bleiben) heißt es dann: Jesus ist für uns ein Vorbild, wir haben großes Vertrauen zum Leben und eine riesengroße Hoffnung darauf, dass es sogar nach unserem Tod weitergeht, weil Gott ein Gott der Liebe und des Lebens ist. Glaube (Vertrauen), Liebe, Hoffnung – dieses Dreigestirn (fällt mir wohl wegen der Faschingszeit ein) müsste uns eigentlich reichen, damit wir fröhlich durchs Leben gehen.
Selbst wenn unser Gottesbild das Ergebnis einer „Verblendung“ sein sollte, wenn es also „falsch“ ist, wäre es doch viel besser als die Ablehnung der Gottesidee. Etwas abzulehnen, ist einfach. Es gibt viele Argumente gegen den Glauben. Aber daran festzuhalten, trotz der eigenen Zweifel und gegen den Zeitgeist, müsste uns Kraft geben. Glauben an die Zusagen der Bibel, handeln im Sinne Jesu – ein sehr gut gefüllter Rucksack für den Lebensweg.
Welche „Vorteile“ bietet der Atheismus? Er liegt im Trend. Aber das spricht nicht automatisch für ihn. Er hat das Argument auf seiner Seite, Christen würden es sich mit ihrem Glauben zu leicht machen (können alles auf Gott schieben, auf ein Später vertrösten, brauchen keine Beweise). Und darauf kann nur jeder Christ seine eigenen, von persönlichen Erfahrungen abhängigen „Antworten“ geben. Das ist unsere Schwäche – es gibt keine Standardantwort – und gleichzeitig unsere Stärke, denn dieser Glaube/dieses Vertrauen/diese Hoffnung ist das Fundament unseres Lebens.
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